Meilensteine Wörgl - Beginn des Dreißigjährigen Krieges
Gemeinde: Wörgl
Zeitkategorie: --
Chronik:
Am 23. Mai 1618 versammelten sich etwa hundert Herren, angeführt von Graf Jindrich Matthias Thurn, auf dem „Hradschin“ (die Prager Burg) in Prag, um bei den tschechischen Statthaltern des Kaisers und Königs vorzusprechen.
Anlass war die Empörung der protestantischen Stände darüber, dass sich der Wiener Hof nicht an seine Abmachungen hielt. Für ihre treue Unterstützung im habsburgischen Bruderstreit zwischen Rudolf II. und Matthias war den protestantischen Ständen die Religionsfreiheit in Aussicht gestellt worden. Am 9. Juli 1609 wurde diese im sogenannten „Majestätsbrief“ Kaiser Rudolfs II. verkündet.
Die gewährten Freiheiten wurden jedoch ständig unterlaufen. Unmittelbarer Stein des Anstoßes war in diesem Mai 1618 der Verbot des Baues einer evangelischen Kirche in der böhmischen Stadt Braunau an der Stege; zugleich wurde die bestehende evangelische Kirche in der Bergwerksiedlung Klostergrab (Erzgebirge) beschädigt und zugesperrt. Der an und für sich „harmlose“ Streit um zwei Kirchen wurde zum zündenden Funken, der das Pulverfass zum Explodieren brachte, das schon lange kochte: Die Protestversammlung auf dem Hradschin eskalierte. Nach einem hitzigen Wortwechsel warfen die Deputierten zwei kaiserliche Räte, Graf Wilhelm Slavata und Graf Jaroslaw von Martinitz aus dem Fenster der Ratsstube, von wo sie in den zwanzig Meter tiefer gelegenen Burggraben fielen. Schließlich warfen sie noch den Geheimschreiber Philipp Fabrizius hinterher, der auf dem Grafen Martinitz landete, wofür er sich „formvollendet“ entschuldigt haben soll. Alle drei überlebten den Sturz, wobei ein Komposthaufen sie gerettet haben soll – andere Überlieferungen wollten in dieser Rettung das Einwirken der Jungfrau Maria bzw. himmlischer Mächte sehen.
Graf Slavata wurde gar achtzig Jahre alt und erinnert sich in seinen „Denkwürdigkeiten“ an diesen Sturz:
„Aber er [Martinitz] ist, nachdem er im Herabfliegen unaufhörlich den Namen ,Jesus Maria‘ gerufen hat, so leise auf die Erde gesunken, als wenn er sich setzen täte, so dass ihm durch die Fürbitte der Jungfrau Maria und den Schutz Gottes der schreckliche Fall an seiner Gesundheit trotz seines schweren Leibes nicht geschadet hat.“ (zit. nach Vajda, 284)
Was für die unmittelbar Beteiligten glimpflich endete, wurde zum Auslöser einer der größten Katastrophen der Geschichte, die Europa verwüstete: Der Dreißigjährige Krieg begann. Der Krieg fing zunächst als religiöse Auseinandersetzung zwischen Protestanten und Katholiken an; dann weitete er sich zur europäischen Machtauseinandersetzung aus: „In ihm entladen sich die Spannungen zwischen katholischen und protestantischen Staaten, Landständen und Fürsten, Reichsstädten und Kaiser, Habsburg und Frankreich.“ (Kinder/Hilgemann).
Die Schlachten des Krieges fanden vor allem im Reich selber statt. Ganze Landstriche wurden verwüstet – Hungersnöte und Seuchen folgten dem Krieg: In Süddeutschland überlebte nur etwa ein Drittel der Bevölkerung. Mehr als ein Jahrhundert sollte es dauern, ehe sich die betroffenen Gebiete und das Reich von den Folgen des Krieges erholt hatten.
Beschreibung:
Granitstein
Details
Gemeindename | Wörgl |
Gemeindekennzahl | 70531 |
Ortsübliche Bezeichnung | Meilensteine Wörgl - Beginn des Dreißigjährigen Krieges |
Objektkategorie | 1200 ( Kulturhistorische Natur- und Steindenkmäler | | ) |
Katastralgemeinde | |
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer | |
Ortschafts- bzw. Ortsteil | |
Straße und Hausnummer bzw. Flurname | Bahnhofsstraße |
Längengrad | |
Breitengrad |
Tirol: denkmalgeschützt | -- |
Höhe (m) | 0.4 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Breite (m) | 0.6 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Tiefe (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Zustandsklassifizierung | -- |
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös: empfohlene Maßnahmen |
Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) | Granitstein |
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details |
Zeitkategorie | -- |
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) | Am 23. Mai 1618 versammelten sich etwa hundert Herren, angeführt von Graf Jindrich Matthias Thurn, auf dem „Hradschin“ (die Prager Burg) in Prag, um bei den tschechischen Statthaltern des Kaisers und Königs vorzusprechen. Anlass war die Empörung der protestantischen Stände darüber, dass sich der Wiener Hof nicht an seine Abmachungen hielt. Für ihre treue Unterstützung im habsburgischen Bruderstreit zwischen Rudolf II. und Matthias war den protestantischen Ständen die Religionsfreiheit in Aussicht gestellt worden. Am 9. Juli 1609 wurde diese im sogenannten „Majestätsbrief“ Kaiser Rudolfs II. verkündet. Die gewährten Freiheiten wurden jedoch ständig unterlaufen. Unmittelbarer Stein des Anstoßes war in diesem Mai 1618 der Verbot des Baues einer evangelischen Kirche in der böhmischen Stadt Braunau an der Stege; zugleich wurde die bestehende evangelische Kirche in der Bergwerksiedlung Klostergrab (Erzgebirge) beschädigt und zugesperrt. Der an und für sich „harmlose“ Streit um zwei Kirchen wurde zum zündenden Funken, der das Pulverfass zum Explodieren brachte, das schon lange kochte: Die Protestversammlung auf dem Hradschin eskalierte. Nach einem hitzigen Wortwechsel warfen die Deputierten zwei kaiserliche Räte, Graf Wilhelm Slavata und Graf Jaroslaw von Martinitz aus dem Fenster der Ratsstube, von wo sie in den zwanzig Meter tiefer gelegenen Burggraben fielen. Schließlich warfen sie noch den Geheimschreiber Philipp Fabrizius hinterher, der auf dem Grafen Martinitz landete, wofür er sich „formvollendet“ entschuldigt haben soll. Alle drei überlebten den Sturz, wobei ein Komposthaufen sie gerettet haben soll – andere Überlieferungen wollten in dieser Rettung das Einwirken der Jungfrau Maria bzw. himmlischer Mächte sehen. Graf Slavata wurde gar achtzig Jahre alt und erinnert sich in seinen „Denkwürdigkeiten“ an diesen Sturz: „Aber er [Martinitz] ist, nachdem er im Herabfliegen unaufhörlich den Namen ,Jesus Maria‘ gerufen hat, so leise auf die Erde gesunken, als wenn er sich setzen täte, so dass ihm durch die Fürbitte der Jungfrau Maria und den Schutz Gottes der schreckliche Fall an seiner Gesundheit trotz seines schweren Leibes nicht geschadet hat.“ (zit. nach Vajda, 284) Was für die unmittelbar Beteiligten glimpflich endete, wurde zum Auslöser einer der größten Katastrophen der Geschichte, die Europa verwüstete: Der Dreißigjährige Krieg begann. Der Krieg fing zunächst als religiöse Auseinandersetzung zwischen Protestanten und Katholiken an; dann weitete er sich zur europäischen Machtauseinandersetzung aus: „In ihm entladen sich die Spannungen zwischen katholischen und protestantischen Staaten, Landständen und Fürsten, Reichsstädten und Kaiser, Habsburg und Frankreich.“ (Kinder/Hilgemann). Die Schlachten des Krieges fanden vor allem im Reich selber statt. Ganze Landstriche wurden verwüstet – Hungersnöte und Seuchen folgten dem Krieg: In Süddeutschland überlebte nur etwa ein Drittel der Bevölkerung. Mehr als ein Jahrhundert sollte es dauern, ehe sich die betroffenen Gebiete und das Reich von den Folgen des Krieges erholt hatten. |
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) |
Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen | Hermann Kinder/Werner Hilgemann, dtv Atlas zur Weltgeschichte. Band 1. München, 27. Auflage 1993, S. 253-255. Stephan Vajda, Felix Austria. Eine Geschichte Österreichs, Wien 1980, S. 255-296. |
Datum der Erfassung | 2019-11-30 |
Datum der letzten Bearbeitung | 2020-01-27 |
letzter Bearbeiter | kuf woergl |