Meilensteine Wörgl - Bürgerliche Revolutionen in Europa
Gemeinde: Wörgl
Zeitkategorie: --
Chronik:
1848 war eines der großen Revolutionsjahre in der europäischen Geschichte. Bereits 1830 war es in Frankreich zur so genannten „Julirevolution“ gekommen. Es war die Reaktion auf die durch den Wiener Kongress zementierte Restauration – der reaktionäre Charles X, der jüngere Bruder des in der „großen“ französischen Revolution von 1789 enthaupteten Louis XVI, war als König eingesetzt worden und wurde nun 1830 von den Revolutionären abgesetzt. Dies bedeutete zugleich das Ende der Herrschaft der Bourbonen in Frankreich. An seine Stelle setzte das Bürgertum den liberalen König Louis-Philippe, der infolgedessen als „Bürgerkönig“ bezeichnet wurde. Die „Julimonarchie“ begann.
Als Louis-Philippe sich jedoch immer stärker von seinen liberalen Wurzeln entfernte und sich zusehends dem Metternichschen System der „Heiligen Allianz“ zwischen den fünf Großmächten Europas (vgl. 1814 Eröffnung des Wiener Kongress) anschloss, kam es zu einer weiteren bürgerlichen Revolution in Frankreich, der Februarrevolution von 1848: Am 24. Februar 1848 wurde Louis-Philippe abgesetzt und die Zweite Französische Republik ausgerufen.
Die Ereignisse in Frankreich wirkten als zündender Funke, der in der Folge die so genannten „Märzrevolutionen“ in verschiedenen Gebieten Europas entfachte: Zwischen März 1848 und Spätsommer 1849 kam es zu revolutionären Erhebungen in den Gebieten des Deutschen Bundes, der Habsburgermonarchie und Preußens. Die Ursachen hierfür waren – wie auch bei der „großen“ Französischen Revolution von 1789 – verschiedene und sie reichten weit zurück.
In politischer Hinsicht war es eine bürgerlich-demokratische Revolution, die zugleich auch nationale Interessen bündelte. In den Staaten des Deutschen Bundes strebten die Revolutionäre nach demokratischen Freiheiten und einer grundlegenden politischen Reform sowie zugleich nach einer nationalen Einigung. Während vor allem der Liberalismus dominierte, waren auch radikaldemokratische, frühsozialistische, sozialrevolutionäre bis hin zu anarchistischen Tendenzen vertreten.
Die wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe der Revolution werden mit den Schlagworten „Industrielle Revolution“ und „soziale Frage“ festgemacht. Unmittelbar vorausgegangen war eine schwere Missernte 1846, die zu einem krisengeschüttelten Jahr 1847 führte: Hungersnöte brachen aus, die zu Hungerrevolten führten – viele verarmte Bevölkerungsschichten schlossen sich aus dieser unmittelbaren Notsituation heraus den demokratischen, bürgerlichen Revolutionären an.
Die zunehmende Industrialisierung hatte die menschliche Arbeitskraft zurückgedrängt und zusehends durch Maschinen ersetzt, was zu Massenarbeitslosigkeit führte. Abwanderungen in die Städte und das Entstehen des „Proletariats“ waren die Folge. Die Arbeiter lebten in den Städten in slumartigen Verhältnissen, vielfach am Existenzminimum. Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität sowie insgesamt die fehlende soziale Absicherung stellten ständige Bedrohungen dar. Diese soziale Sprengkraft hatte bereits zu Revolten im Vorfeld geführt, etwa zum Weberaufstand 1844 (verarbeitet im Drama „Die Weber“ von Gerhart Hauptmann, im Gedicht „Die Schlesischen Weber“ von Heinrich Heine und im Grafikzyklus „Der Weberaufstand“ von Käthe Kollwitz).
In der Habsburgermonarchie kam es insbesondere zu Unabhängigkeitsbewegungen der verschiedenen Nationalitäten: Polnische Provinzen, Ungarn und vor allem auch die oberitalienischen Gebiete lehnten sich gegen die österreichische „Fremdherrschaft“ auf („Risorgimento“ in Italien). In Wien richtete sich die Revolution gegen das verhasste Metternichsche System („Vormärz“).
Die Ignorierung von Bittschriften mit demokratischer Tendenz führte am 13. März 1848 zu einer Demonstration von Universitätsprofessoren und Studenten, die in das Niederösterreichische Landhaus eindrangen. Arbeiter aus den Vorstädten schlossen sich ihnen an. Als am Nachmittag Militär gegen die Demonstranten eingesetzt wurde und erste Todesopfer („Märzgefallene“) die Folge waren, bewaffneten sich die Bürger und errichteten Barrikaden; Fabriken wurden angezündet und Maschinen zerstört. Metternich musste schließlich zurücktreten und verkleidet ins Ausland fliehen. Vertreter der neu gegründeten bürgerlichen „Nationalgarde“ und der studentischen „Akademischen Legion“ bildeten ein gemeinsames „Zentralkomitee“ als Zentrum der Revolution. Es folgten Aufstände in Venedig und Mailand, sowie der Krieg in Sardinien.
In den meisten Gebieten wurde die Revolution 1849 niedergeschlagen; die französische Republik bestand bis 1851/52. In den Königreichen Dänemark und Sardinien-Piemont hielten die Folgen der Revolution länger an: Im Zuge von Verfassungsänderungen kam es dort zu konstitutionellen Monarchien. Die Verfassung von Sardinien-Piemont wurde zur Grundlage des 1861 gegründeten Königreich Italien; in Dänemark besteht die parlamentarisch-demokratische Monarchie noch heute.
Auch wenn die grundlegenden Anliegen der 48er-Revolution vielfach scheiterten, so hatte sie dennoch langfristige Auswirkungen: Das Bürgertum etablierte sich endgültig als politisch und wirtschaftlich einflussreicher Machtfaktor und löste damit die Aristokratie zusehends ab. Die Revolution führte zudem zu einem politischen Umdenken, zum „Siegeszug der bürgerlichen Demokratie“ (Wikipedia), der die weitere Entwicklung in Europa prägte.
Beschreibung:
Granitstein
Details
Gemeindename | Wörgl |
Gemeindekennzahl | 70531 |
Ortsübliche Bezeichnung | Meilensteine Wörgl - Bürgerliche Revolutionen in Europa |
Objektkategorie | 1200 ( Kulturhistorische Natur- und Steindenkmäler | | ) |
Katastralgemeinde | |
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer | |
Ortschafts- bzw. Ortsteil | |
Straße und Hausnummer bzw. Flurname | Bahnhofsstraße |
Längengrad | |
Breitengrad |
Tirol: denkmalgeschützt | -- |
Höhe (m) | 0.4 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Breite (m) | 0.6 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Tiefe (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Zustandsklassifizierung | -- |
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös: empfohlene Maßnahmen |
Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) | Granitstein |
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details |
Zeitkategorie | -- |
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) | 1848 war eines der großen Revolutionsjahre in der europäischen Geschichte. Bereits 1830 war es in Frankreich zur so genannten „Julirevolution“ gekommen. Es war die Reaktion auf die durch den Wiener Kongress zementierte Restauration – der reaktionäre Charles X, der jüngere Bruder des in der „großen“ französischen Revolution von 1789 enthaupteten Louis XVI, war als König eingesetzt worden und wurde nun 1830 von den Revolutionären abgesetzt. Dies bedeutete zugleich das Ende der Herrschaft der Bourbonen in Frankreich. An seine Stelle setzte das Bürgertum den liberalen König Louis-Philippe, der infolgedessen als „Bürgerkönig“ bezeichnet wurde. Die „Julimonarchie“ begann. Als Louis-Philippe sich jedoch immer stärker von seinen liberalen Wurzeln entfernte und sich zusehends dem Metternichschen System der „Heiligen Allianz“ zwischen den fünf Großmächten Europas (vgl. 1814 Eröffnung des Wiener Kongress) anschloss, kam es zu einer weiteren bürgerlichen Revolution in Frankreich, der Februarrevolution von 1848: Am 24. Februar 1848 wurde Louis-Philippe abgesetzt und die Zweite Französische Republik ausgerufen. Die Ereignisse in Frankreich wirkten als zündender Funke, der in der Folge die so genannten „Märzrevolutionen“ in verschiedenen Gebieten Europas entfachte: Zwischen März 1848 und Spätsommer 1849 kam es zu revolutionären Erhebungen in den Gebieten des Deutschen Bundes, der Habsburgermonarchie und Preußens. Die Ursachen hierfür waren – wie auch bei der „großen“ Französischen Revolution von 1789 – verschiedene und sie reichten weit zurück. In politischer Hinsicht war es eine bürgerlich-demokratische Revolution, die zugleich auch nationale Interessen bündelte. In den Staaten des Deutschen Bundes strebten die Revolutionäre nach demokratischen Freiheiten und einer grundlegenden politischen Reform sowie zugleich nach einer nationalen Einigung. Während vor allem der Liberalismus dominierte, waren auch radikaldemokratische, frühsozialistische, sozialrevolutionäre bis hin zu anarchistischen Tendenzen vertreten. Die wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe der Revolution werden mit den Schlagworten „Industrielle Revolution“ und „soziale Frage“ festgemacht. Unmittelbar vorausgegangen war eine schwere Missernte 1846, die zu einem krisengeschüttelten Jahr 1847 führte: Hungersnöte brachen aus, die zu Hungerrevolten führten – viele verarmte Bevölkerungsschichten schlossen sich aus dieser unmittelbaren Notsituation heraus den demokratischen, bürgerlichen Revolutionären an. Die zunehmende Industrialisierung hatte die menschliche Arbeitskraft zurückgedrängt und zusehends durch Maschinen ersetzt, was zu Massenarbeitslosigkeit führte. Abwanderungen in die Städte und das Entstehen des „Proletariats“ waren die Folge. Die Arbeiter lebten in den Städten in slumartigen Verhältnissen, vielfach am Existenzminimum. Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität sowie insgesamt die fehlende soziale Absicherung stellten ständige Bedrohungen dar. Diese soziale Sprengkraft hatte bereits zu Revolten im Vorfeld geführt, etwa zum Weberaufstand 1844 (verarbeitet im Drama „Die Weber“ von Gerhart Hauptmann, im Gedicht „Die Schlesischen Weber“ von Heinrich Heine und im Grafikzyklus „Der Weberaufstand“ von Käthe Kollwitz). In der Habsburgermonarchie kam es insbesondere zu Unabhängigkeitsbewegungen der verschiedenen Nationalitäten: Polnische Provinzen, Ungarn und vor allem auch die oberitalienischen Gebiete lehnten sich gegen die österreichische „Fremdherrschaft“ auf („Risorgimento“ in Italien). In Wien richtete sich die Revolution gegen das verhasste Metternichsche System („Vormärz“). Die Ignorierung von Bittschriften mit demokratischer Tendenz führte am 13. März 1848 zu einer Demonstration von Universitätsprofessoren und Studenten, die in das Niederösterreichische Landhaus eindrangen. Arbeiter aus den Vorstädten schlossen sich ihnen an. Als am Nachmittag Militär gegen die Demonstranten eingesetzt wurde und erste Todesopfer („Märzgefallene“) die Folge waren, bewaffneten sich die Bürger und errichteten Barrikaden; Fabriken wurden angezündet und Maschinen zerstört. Metternich musste schließlich zurücktreten und verkleidet ins Ausland fliehen. Vertreter der neu gegründeten bürgerlichen „Nationalgarde“ und der studentischen „Akademischen Legion“ bildeten ein gemeinsames „Zentralkomitee“ als Zentrum der Revolution. Es folgten Aufstände in Venedig und Mailand, sowie der Krieg in Sardinien. In den meisten Gebieten wurde die Revolution 1849 niedergeschlagen; die französische Republik bestand bis 1851/52. In den Königreichen Dänemark und Sardinien-Piemont hielten die Folgen der Revolution länger an: Im Zuge von Verfassungsänderungen kam es dort zu konstitutionellen Monarchien. Die Verfassung von Sardinien-Piemont wurde zur Grundlage des 1861 gegründeten Königreich Italien; in Dänemark besteht die parlamentarisch-demokratische Monarchie noch heute. Auch wenn die grundlegenden Anliegen der 48er-Revolution vielfach scheiterten, so hatte sie dennoch langfristige Auswirkungen: Das Bürgertum etablierte sich endgültig als politisch und wirtschaftlich einflussreicher Machtfaktor und löste damit die Aristokratie zusehends ab. Die Revolution führte zudem zu einem politischen Umdenken, zum „Siegeszug der bürgerlichen Demokratie“ (Wikipedia), der die weitere Entwicklung in Europa prägte. |
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) |
Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen | http://meilensteine.woergl.at/ |
Datum der Erfassung | 2019-11-30 |
Datum der letzten Bearbeitung | 2020-01-08 |
letzter Bearbeiter | kuf woergl |