Meilensteine Wörgl - Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich

Kulturhistorische Natur- und Steindenkmäler

Gemeinde: Wörgl

Zeitkategorie: --

Chronik:

„Im März 1938 schien der Bruch mit der österreichischen Geschichte endgültig. Der österreichische ,Sonderweg‘ mündete scheinbar unumkehrbar in die großdeutsche Hauptstraße. Aus der entgegengesetzten Perspektive strich man dann nach 1945 die Jahre der NS-Herrschaft aus der österreichischen Geschichte und wies sie, belastet mit den ungeheuerlichsten Verbrechen, der deutschen Geschichte zu. Tatsächlich jedoch gehören die Jahre von 1938 bis 1945 zur österreichischen wie zur deutschen Geschichte. Das hat die Forschung mittlerweile klargestellt.“

(Hanisch, S. 337)

Am Morgen des 12. März 1938 ließ Adolf Hitler rund 65.000 Soldaten der Wehrmacht und Polizisten, zum Teil schwer bewaffnet, in Österreich einmarschieren – 25 Soldaten kamen dabei ums Leben, allerdings durch Verkehrsunfälle. Ansonsten stießen die Soldaten auf frenetischen Jubel, Fähnchen schwingende Massen, läutende Glocken. Als am Nachmittag Hitler selber eintraf, beschrieb sein Luftwaffen-Adjutant den Empfang wie folgt: „Der Jubel war unbeschreiblich. Die Glocken läuteten. Die 120 Kilometer von Braunau bis Linz glichen einer Triumphfahrt.“ (zit. nach Hanisch 340-341).
Am Abend desselben Tages vereinbarte Hitler die sofortige Durchführung der „Wiedervereinigung“, ohne die ursprünglich festgelegten Übergangsfristen einzuhalten. Sein Verhandlungspartner war Arthur Seyss-Inquart – einer der Vertrauensleute des NS-Regimes und seit dem Vortag Bundeskanzler in Österreich, nachdem Hitler Kurt Schuschnigg zum Rücktritt gezwungen hatte.

Am 15. März verkündete Hitler den Anschluss auf dem Wiener Heldenplatz vor zehntausenden jubelnden Menschen: „Als Führer und Kanzler der deutschen Nation und des Reiches melde ich vor der Geschichte nunmehr den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich!“ (zit. nach http://www.wien-vienna.at/blickpunkte.php?ID=810 )

Der Heldenplatz wurde zum Synonym für die Massenbegeisterung der Zeitgenossen und dem Versuch der Nachwelt, sich damit auseinanderzusetzen.

Einer der berühmtesten Versuche ist das Gedicht
„wien: heldenplatz“
von Ernst Jandl

der glanze heldenplatz zirka
versaggerte in maschenhaftem menschenmeere
(…)
pirsch!
döppelte der gottelbock von Sa-tz zu Sa-tz
mit hünig sprenktem stimmstummel
balzerig würmelte es im männechensee
und den weibern ward so pfingstig ums heil
zumahn: wenn ein knie-ender sie hirschelte.


(wien: heldenplatz, aus Ernst Jandl, Laut und Luise Sammlung Luchterhand, Hermannn Luchterhand Verlag 1971 http://www.ejournal.at/LitPrim/jan-wh.html )

Bekannt sind die Bilder und Filme der Massenbegeisterung – diese zu begreifen oder überhaupt zu akzeptieren fällt der Nachwelt weit schwerer. Wurde unmittelbar nach dem Krieg die „Opfertheorie“ vertreten – Österreich als Opfer des nazionalsozialistischen Deutschland – so wurde verstärkt seit den 80er Jahren eine differenziertere Aufarbeitung des historischen Geschehens zwischen 1938 und 1945 betrieben, die die Mitverantwortung der Österreicher und Österreicherinnen am Anschluss und der folgenden Entwicklung herausstreicht.

Besiegelt wurde der Anschluss „offiziell“ noch durch die Volksabstimmung am 10. April 1938 – eine von Schuschnigg vorbereitete Abstimmung für den 13. März 1938 war durch den Einmarsch unterbunden worden. Die Volksabstimmung zum 10. April wurde in der Manier eines „Volksfestes“ vorbereitet, in das alle Bereiche des Lebens eingegliedert wurden. Alle Medien, alle Mittel waren im Dauereinsatz für die Propaganda, Flugzeuge schrieben „Ja“ in den Himmel, sogar auf den Poststempeln las man: „Am 10. April dem Führer Dein Ja“. (Wikipedia). Entsprechend war dann das Ergebnis der Abstimmung; 99,6 % Ja bei 99,7 % Wahlbeteiligung.

Die außenpolitischen Reaktionen auf den Anschluss waren verhalten, Österreich war schon längst völlig isoliert. Frankreich und England übersendeten diplomatische Protestnoten; die Sowjetunion schickte Protestschreiben an die Westmächte, während Mexiko als einziges Land offiziell beim Völkerbund Protest einlegte.

Im Gedenken daran wurden 1956 der Erzherzog-Karl-Platz in Wien in „Mexikoplatz“ umbenannt und 1985 ein Gedenkstein dort enthüllt, während in Mexiko-City 1988 Österreich ein Denkmal gestiftet wurde mit dem Golo Mann Zitat:

„Nun, da sich die Nazimacht auch über Österreich ergoß und im Zeichen von Morden und Selbstmorden und dem Ruin vieler Tausender geschah, was sonst friedlich und würdig geschehen wäre, wandten sie sich gleichmütig ab.“

(Golo Mann, Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Seite 875; zit. nach Wikipedia)

Beschreibung:

Granitstein

Details

Gemeindename Wörgl
Gemeindekennzahl 70531
Ortsübliche Bezeichnung Meilensteine Wörgl - Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich
Objektkategorie 1200 ( Kulturhistorische Natur- und Steindenkmäler | | )

Katastralgemeinde
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer
Ortschafts- bzw. Ortsteil
Straße und Hausnummer bzw. Flurname Bahnhofsstraße
Längengrad
Breitengrad

Tirol: denkmalgeschützt --

Höhe (m) 0.4
gemessen od. geschätzt gemessen
Breite (m) 0.6
gemessen od. geschätzt gemessen
Tiefe (m)
gemessen od. geschätzt --

Zustandsklassifizierung --
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös:
empfohlene Maßnahmen

Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) Granitstein
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details

Zeitkategorie --
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) „Im März 1938 schien der Bruch mit der österreichischen Geschichte endgültig. Der österreichische ,Sonderweg‘ mündete scheinbar unumkehrbar in die großdeutsche Hauptstraße. Aus der entgegengesetzten Perspektive strich man dann nach 1945 die Jahre der NS-Herrschaft aus der österreichischen Geschichte und wies sie, belastet mit den ungeheuerlichsten Verbrechen, der deutschen Geschichte zu. Tatsächlich jedoch gehören die Jahre von 1938 bis 1945 zur österreichischen wie zur deutschen Geschichte. Das hat die Forschung mittlerweile klargestellt.“

(Hanisch, S. 337)

Am Morgen des 12. März 1938 ließ Adolf Hitler rund 65.000 Soldaten der Wehrmacht und Polizisten, zum Teil schwer bewaffnet, in Österreich einmarschieren – 25 Soldaten kamen dabei ums Leben, allerdings durch Verkehrsunfälle. Ansonsten stießen die Soldaten auf frenetischen Jubel, Fähnchen schwingende Massen, läutende Glocken. Als am Nachmittag Hitler selber eintraf, beschrieb sein Luftwaffen-Adjutant den Empfang wie folgt: „Der Jubel war unbeschreiblich. Die Glocken läuteten. Die 120 Kilometer von Braunau bis Linz glichen einer Triumphfahrt.“ (zit. nach Hanisch 340-341).
Am Abend desselben Tages vereinbarte Hitler die sofortige Durchführung der „Wiedervereinigung“, ohne die ursprünglich festgelegten Übergangsfristen einzuhalten. Sein Verhandlungspartner war Arthur Seyss-Inquart – einer der Vertrauensleute des NS-Regimes und seit dem Vortag Bundeskanzler in Österreich, nachdem Hitler Kurt Schuschnigg zum Rücktritt gezwungen hatte.

Am 15. März verkündete Hitler den Anschluss auf dem Wiener Heldenplatz vor zehntausenden jubelnden Menschen: „Als Führer und Kanzler der deutschen Nation und des Reiches melde ich vor der Geschichte nunmehr den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich!“ (zit. nach http://www.wien-vienna.at/blickpunkte.php?ID=810 )

Der Heldenplatz wurde zum Synonym für die Massenbegeisterung der Zeitgenossen und dem Versuch der Nachwelt, sich damit auseinanderzusetzen.

Einer der berühmtesten Versuche ist das Gedicht
„wien: heldenplatz“
von Ernst Jandl

der glanze heldenplatz zirka
versaggerte in maschenhaftem menschenmeere
(…)
pirsch!
döppelte der gottelbock von Sa-tz zu Sa-tz
mit hünig sprenktem stimmstummel
balzerig würmelte es im männechensee
und den weibern ward so pfingstig ums heil
zumahn: wenn ein knie-ender sie hirschelte.


(wien: heldenplatz, aus Ernst Jandl, Laut und Luise Sammlung Luchterhand, Hermannn Luchterhand Verlag 1971 http://www.ejournal.at/LitPrim/jan-wh.html )

Bekannt sind die Bilder und Filme der Massenbegeisterung – diese zu begreifen oder überhaupt zu akzeptieren fällt der Nachwelt weit schwerer. Wurde unmittelbar nach dem Krieg die „Opfertheorie“ vertreten – Österreich als Opfer des nazionalsozialistischen Deutschland – so wurde verstärkt seit den 80er Jahren eine differenziertere Aufarbeitung des historischen Geschehens zwischen 1938 und 1945 betrieben, die die Mitverantwortung der Österreicher und Österreicherinnen am Anschluss und der folgenden Entwicklung herausstreicht.

Besiegelt wurde der Anschluss „offiziell“ noch durch die Volksabstimmung am 10. April 1938 – eine von Schuschnigg vorbereitete Abstimmung für den 13. März 1938 war durch den Einmarsch unterbunden worden. Die Volksabstimmung zum 10. April wurde in der Manier eines „Volksfestes“ vorbereitet, in das alle Bereiche des Lebens eingegliedert wurden. Alle Medien, alle Mittel waren im Dauereinsatz für die Propaganda, Flugzeuge schrieben „Ja“ in den Himmel, sogar auf den Poststempeln las man: „Am 10. April dem Führer Dein Ja“. (Wikipedia). Entsprechend war dann das Ergebnis der Abstimmung; 99,6 % Ja bei 99,7 % Wahlbeteiligung.

Die außenpolitischen Reaktionen auf den Anschluss waren verhalten, Österreich war schon längst völlig isoliert. Frankreich und England übersendeten diplomatische Protestnoten; die Sowjetunion schickte Protestschreiben an die Westmächte, während Mexiko als einziges Land offiziell beim Völkerbund Protest einlegte.

Im Gedenken daran wurden 1956 der Erzherzog-Karl-Platz in Wien in „Mexikoplatz“ umbenannt und 1985 ein Gedenkstein dort enthüllt, während in Mexiko-City 1988 Österreich ein Denkmal gestiftet wurde mit dem Golo Mann Zitat:

„Nun, da sich die Nazimacht auch über Österreich ergoß und im Zeichen von Morden und Selbstmorden und dem Ruin vieler Tausender geschah, was sonst friedlich und würdig geschehen wäre, wandten sie sich gleichmütig ab.“

(Golo Mann, Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Seite 875; zit. nach Wikipedia)
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher)

Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich

Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen Ernst Hanisch, Der lange Schatten des Staates. Österreichische Gesellschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert [Österreichische Geschichte 1890-1990], Wien 1994, S. 337-347.

kuf woergl
Datum der Erfassung 2019-11-30
Datum der letzten Bearbeitung 2020-01-07
letzter Bearbeiter kuf woergl

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