Meilensteine Wörgl - Tacitus
Gemeinde: Wörgl
Zeitkategorie: --
Chronik:
Das Bild über Germanien und seiner Bewohner, den Germanen, prägte entscheidend das Werk des römischen Autors Publius(?) Cornelius Tacitus (um 55-115): Die „Germania“ oder „De origine et situ Germanorum“ („Über Ursprung und Lebensraum der Germanen“) – wie die Schrift aufgrund der Anfangswörter gewöhnlich betitelt wird – zählt zu Tacitus’ Frühwerken und wurde vermutlich 98 n. Chr. publiziert. (Die anderen beiden frühen Werke sind „Agricola“ und „Dialogus de oratoribus“; bedeutend für die Rekonstruktion der historischen Ereignisse der frühen Kaiserzeit sind v. a. die später entstandenen „Historien“ und die „Annalen“.) Die „Germania“ wird als ethnographisches Werk kategorisiert. Sie enthält 46 Kapitel und wird in zwei Teile gegliedert. Im zweiten Teil (Kapitel 28-46) behandelt der Autor einzelne „Stämme“ der Germanen und ihre Siedlungsgebiete. Bedeutend für die generellen, klischeehaften Vorstellungen von Germanen ist der erste Teil des Werks.
In den ersten 27 Kapiteln zeichnet Tacitus ein Bild der Germanen/innen in einem zeitlosen Raum. Aussagen über ihre Bräuche sind allgemein gehalten und nur wenige Zeilen informieren über geographische Verhältnisse.
Diese Art der Beschreibung legt die Vermutung nahe, dass Tacitus nicht aus eigener Anschauung über die Verhältnisse in diesem Gebiet informiert war. Vielmehr wird angenommen, dass der Autor anhand des Bildes der wenig bekannten Germanen einen Sittenspiegel für die römische Gesellschaft formulierte, die ihre eigenen „alten“ Ideale und Bräuche nicht mehr „lebte“. In seiner Darstellung erscheinen die Germanen zwar als „Wilde“, aber sie zeichnen sich durch Unverdorbenheit aus; sie haben sich nicht mit anderen vermischt, sondern sind rein geblieben (Kapitel 4). Die Aussagen über die Germanen als „reines Volk“ wurden ab der Neuzeit immer wieder für ideologische Aussagen missbraucht.
Als ethnographische Schrift nimmt die „Germania“ einen einzigartigen Platz in der römischen Literatur ein. Denn sie ist das einzige erhaltene Werk aus der frühen Kaiserzeit, das als Monographie aus der Sicht eines Römers – dieser Status bezieht sich auf die rechtliche Stellung, nicht auf die Herkunft (Tacitus wurde in Gallien geboren) – ein „fremdes“ Ethnos beschreibt.
Rom und die Germanen im 1. Jahrhundert:
In der römischen Geschichte nehmen Germanien und seine Bewohner ein eigenes Kapitel ein. Denn seit der Zeit der späten Republik und des frühen Prinzipats misslangen alle Versuche der Römer, das Land der Germanen zu unterwerfen und als Provinz einzurichten. Bereits in der Zeit der Eroberung Galliens durch Caesar gab es militärische Auseinandersetzungen mit Germanen. Im Jahr 9 n. Chr., als nach dem erfolgreichen Alpenfeldzug (15 v. Chr.) auch Gebiete rechts des Rheins unterworfen werden sollten, mussten die Römer eine empfindlichen Niederlage hinnehmen: Unter der Führung von Publius Quinctilius Varus wurden ganze drei Legionen von germanischen Verbänden unter Arminius vernichtet. Nach weiteren gescheiterten Unternehmungen gab Kaiser Tiberius (14-37) die Pläne Germanien zu erobern im Jahr 16 n. Chr. endgültig auf.
Während der Regierungszeit Kaisers Domitian (81–96 n. Chr.) sprach man von „Germania capta“ („Germanien ist erobert“). Dies bedeutete aber nicht die Unterwerfung des ganzen Territoriums (zwischen Gallien und Kleinasien entlang der Donau), sondern hob kleine Erfolge der Römer hervor, die zum Zweck der Propaganda eingesetzt wurden. Die Römer nämlich vermochten unter Domitian strategisch wichtige Gebiete östlich des Rheins zu erobern; daraufhin wurden die beiden Provinzen „Germania superior“ („oberes Germanien“) und „Germania inferior“ („unteres Germanien“) eingerichtet. Das „Germanien-Problem“ war hiermit ideologisch gelöst.
Nach diesem territorialen Zugewinn erfolgte eine Verstärkung des Limes, der nun in Richtung Nord-Ost versetzt werden konnte. Bald bildete aber wieder die Donau-Rhein-Linie die Grenze zwischen dem Römischen Reich und dem Gebiet nord-östlich davon. Ab dem 2. Jahrhundert wurden germanische Verbände dem Imperium Romanum gefährlich. Immer wieder sind nun Einfälle in den römischen Herrschaftsbereich südlich der Donau bis nach Oberitalien und in den Balkanraum sowie kriegerische Auseinandersetzungen bezeugt.
Beschreibung:
Granitstein
Details
Gemeindename | Wörgl |
Gemeindekennzahl | 70531 |
Ortsübliche Bezeichnung | Meilensteine Wörgl - Tacitus |
Objektkategorie | 1200 ( Kulturhistorische Natur- und Steindenkmäler | | ) |
Katastralgemeinde | |
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer | |
Ortschafts- bzw. Ortsteil | |
Straße und Hausnummer bzw. Flurname | Bahnhofsstraße |
Längengrad | |
Breitengrad |
Tirol: denkmalgeschützt | -- |
Höhe (m) | 0.4 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Breite (m) | 0.6 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Tiefe (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Zustandsklassifizierung | -- |
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös: empfohlene Maßnahmen |
Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) | Granitstein |
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details |
Zeitkategorie | -- |
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) | Das Bild über Germanien und seiner Bewohner, den Germanen, prägte entscheidend das Werk des römischen Autors Publius(?) Cornelius Tacitus (um 55-115): Die „Germania“ oder „De origine et situ Germanorum“ („Über Ursprung und Lebensraum der Germanen“) – wie die Schrift aufgrund der Anfangswörter gewöhnlich betitelt wird – zählt zu Tacitus’ Frühwerken und wurde vermutlich 98 n. Chr. publiziert. (Die anderen beiden frühen Werke sind „Agricola“ und „Dialogus de oratoribus“; bedeutend für die Rekonstruktion der historischen Ereignisse der frühen Kaiserzeit sind v. a. die später entstandenen „Historien“ und die „Annalen“.) Die „Germania“ wird als ethnographisches Werk kategorisiert. Sie enthält 46 Kapitel und wird in zwei Teile gegliedert. Im zweiten Teil (Kapitel 28-46) behandelt der Autor einzelne „Stämme“ der Germanen und ihre Siedlungsgebiete. Bedeutend für die generellen, klischeehaften Vorstellungen von Germanen ist der erste Teil des Werks. In den ersten 27 Kapiteln zeichnet Tacitus ein Bild der Germanen/innen in einem zeitlosen Raum. Aussagen über ihre Bräuche sind allgemein gehalten und nur wenige Zeilen informieren über geographische Verhältnisse. Diese Art der Beschreibung legt die Vermutung nahe, dass Tacitus nicht aus eigener Anschauung über die Verhältnisse in diesem Gebiet informiert war. Vielmehr wird angenommen, dass der Autor anhand des Bildes der wenig bekannten Germanen einen Sittenspiegel für die römische Gesellschaft formulierte, die ihre eigenen „alten“ Ideale und Bräuche nicht mehr „lebte“. In seiner Darstellung erscheinen die Germanen zwar als „Wilde“, aber sie zeichnen sich durch Unverdorbenheit aus; sie haben sich nicht mit anderen vermischt, sondern sind rein geblieben (Kapitel 4). Die Aussagen über die Germanen als „reines Volk“ wurden ab der Neuzeit immer wieder für ideologische Aussagen missbraucht. Als ethnographische Schrift nimmt die „Germania“ einen einzigartigen Platz in der römischen Literatur ein. Denn sie ist das einzige erhaltene Werk aus der frühen Kaiserzeit, das als Monographie aus der Sicht eines Römers – dieser Status bezieht sich auf die rechtliche Stellung, nicht auf die Herkunft (Tacitus wurde in Gallien geboren) – ein „fremdes“ Ethnos beschreibt. Rom und die Germanen im 1. Jahrhundert: In der römischen Geschichte nehmen Germanien und seine Bewohner ein eigenes Kapitel ein. Denn seit der Zeit der späten Republik und des frühen Prinzipats misslangen alle Versuche der Römer, das Land der Germanen zu unterwerfen und als Provinz einzurichten. Bereits in der Zeit der Eroberung Galliens durch Caesar gab es militärische Auseinandersetzungen mit Germanen. Im Jahr 9 n. Chr., als nach dem erfolgreichen Alpenfeldzug (15 v. Chr.) auch Gebiete rechts des Rheins unterworfen werden sollten, mussten die Römer eine empfindlichen Niederlage hinnehmen: Unter der Führung von Publius Quinctilius Varus wurden ganze drei Legionen von germanischen Verbänden unter Arminius vernichtet. Nach weiteren gescheiterten Unternehmungen gab Kaiser Tiberius (14-37) die Pläne Germanien zu erobern im Jahr 16 n. Chr. endgültig auf. Während der Regierungszeit Kaisers Domitian (81–96 n. Chr.) sprach man von „Germania capta“ („Germanien ist erobert“). Dies bedeutete aber nicht die Unterwerfung des ganzen Territoriums (zwischen Gallien und Kleinasien entlang der Donau), sondern hob kleine Erfolge der Römer hervor, die zum Zweck der Propaganda eingesetzt wurden. Die Römer nämlich vermochten unter Domitian strategisch wichtige Gebiete östlich des Rheins zu erobern; daraufhin wurden die beiden Provinzen „Germania superior“ („oberes Germanien“) und „Germania inferior“ („unteres Germanien“) eingerichtet. Das „Germanien-Problem“ war hiermit ideologisch gelöst. Nach diesem territorialen Zugewinn erfolgte eine Verstärkung des Limes, der nun in Richtung Nord-Ost versetzt werden konnte. Bald bildete aber wieder die Donau-Rhein-Linie die Grenze zwischen dem Römischen Reich und dem Gebiet nord-östlich davon. Ab dem 2. Jahrhundert wurden germanische Verbände dem Imperium Romanum gefährlich. Immer wieder sind nun Einfälle in den römischen Herrschaftsbereich südlich der Donau bis nach Oberitalien und in den Balkanraum sowie kriegerische Auseinandersetzungen bezeugt. |
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) |
Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen | Tacitus, Agricola, Germania, Dialogus, übers. und erläuterst v. Karl Büchner, bearb. von Reinhard Häussler, Kröners Taschenausgabe 225, Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1985 (3. Aufl.), 125-148. Werner Dahlheim, Geschichte der Römischen Kaiserzeit, Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Bd. 3, R. Oldenbourg Verlag, München 2003, S. 89ff. Egon Flaig, s.v. Tacitus, in: Der neue Pauly 11, Stuttgart – Weimar 2001, 1209-1214. Manfred Fuhrmann, s.v. Tacitus, in: Der Kleine Pauly 5, Alfred Druckenmüller Verlag, München 1975, Sp. 486-493. Andreas Mehl, Römische Geschichtsschreibung. Grundlagen und Entwicklungen, Eine Einführung, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart – Berlin – Köln 2001, 119-131. |
Datum der Erfassung | 2019-11-29 |
Datum der letzten Bearbeitung | 2020-01-07 |
letzter Bearbeiter | kuf woergl |