Meilensteine Wörgl - Hochwasser in Wörgl

Kulturhistorische Natur- und Steindenkmäler

Gemeinde: Wörgl

Zeitkategorie: --

Chronik:

Hochwasserkatastrophe 2005

Das Hochwasser 2005 - Eindrücke über Katastrophe und Bewältigung

Naturkatastrophen hat es seit je her gegeben – einmal schlimmer – das andere mal glimpflicher – ob sie zyklisch einmal stärker einmal schwächer ausfallen, oder ob der Grund die nicht zu leugnenden Klimaveränderungen sind – Gletscher kommen und gehen – die Sonnenaktivität wird stärker und schwächer – die Ozonschicht verändert sich laufend – all das können Faktoren für stärker oder schwächer ausfallende Unwetterkatastrophen sein.

Wodurch auch immer sie hervorgerufen werden, wir müssen damit umgehen lernen und uns mit der Gewissheit abfinden, dass Unwetterkatastrophen in nächster Zukunft eher heftiger ausfallen, als sich beruhigen. Die ungeheuere Wucht dieser Ereignisse ist nicht mehr nur eine Erscheinung in fernen Ländern, sondern richtet auch in unseren Breitengraden immer öfter verheerende Schäden und unermessliches Leid an.

Auch unsere Heimat blieb im Jahr 2005 nicht von Unwetterkatastrophen verschont.Ende August 2005 wurde Tirol von den heftigsten Regenfällen der letzten Jahre heimgesucht, wobei das dadurch entstandene Hochwasser eine Spur der Verwüstung durch unser Land zog. Von West nach Ost wälzte sich, neben zahlreichen anderen außer Kontrolle geratenen Bächen und Flüssen, der hochwasserführende Inn durch das ganze Bundesland und verursachte enorme Schäden an allem was nicht mehr in Sicherheit gebracht werden konnte.

So wurde auch unsere Heimatstadt Wörgl, am Dienstag denn 23.August 2005, in Folge von stundenlangen Regengüssen über ganz Tirol zum Spielball der Natur. Während im Paznaun- und Stanzertal die Wassermassen sich bereits in der Nacht zum 23.8.2005 in Richtung Landeck wälzten und alles mitrissen was ihnen in die Quere kam, dachte in Wörgl noch niemand auch nur im entferntesten an das, was sich wenige Stunden spätere ereignen sollte.

Dramatischer Anstieg des Inn – Großalarm für FeuerwehrAm Morgen des 23.08.2005 wurden die ersten Erkundungen durch Feuerwehr und Gemeinde durchgeführt. Obwohl sich der Wasserspiegel des Inn zu diesem Zeitpunkt noch einige Meter unter dem späteren Höchststand befand, wurden auf Grund der aktuellen Meldungen aus dem Oberland und der starken Regenfälle, bereits erste Maßnahmen getroffen. So begann man am städtischen Bauhof mit dem Befüllen von Sandsäcken, orderte Bagger und Lkws mit Sand um gegen ein eventuelles Hochwasser gerüstet zu sein.

Noch während dieser Maßnahmen wurde dann die Feuerwehr zum ersten Einsatz (mittels Pieps) gerufen, welcher allerdings mit dem späteren Hochwasser nichts zu tun hatte. Es handelte sich um Wassereintritt, auf Grund der starken Regenfälle, in den Keller eines Wohnhauses in der Simon-Premstraße. Während dessen wurden die Beobachtungen des Inn weiter durchgeführt.

Der dramatische Anstieg des Wasserspiegels am Inn führte dann am frühen Vormittag zum Großalarm für die Feuerwehr Wörgl. Zu dieser Zeit kam es bereits zu ersten Überflutungen über das Kanalsystem im Ortsteil Söcking, östlich des Wörgler Bach, sodass eine Anfahrt der Einsatzkräfte über die sogenannte Große Unterführung (M. Pichlerstraße) nicht mehr möglich war.

Die ersten Einsatzmaßnahmen beschränkten sich auf die Ufersicherung (mit Sandsäcken und durch Folien geschützte Erdwälle) im Bereich der Kompostieranlage und der nördlichen

Grillparzerstraße. Der unaufhaltsame Anstieg des Inn machte es den Einsatzkräften unmöglich die Wassermassen von den Wohnanlagen der Grillparzerstraße fern zu halten. Man war gezwungen die Bewohner dieses Ortsteils auf das Schlimmste vorzubereiten, damit sie ihre wichtigsten Habseligkeiten in Sicherheit bringen konnten. In weiterer Folge wurde in Absprache mit der Gemeindeeinsatzleitung mit der Evakuierung dieses Teils von Wörgl begonnen.

Der Damm bricht - Hochwasser außer Kontrolle – Ereignisse überschlagen sichAm mittlerweile zweiten Schauplatz dieses Hochwasserereignisses gab es am späten Vormittag die ersten Überflutungen des Dammes nördlich vom Pumpwerk Giessen. Diese Tatsache und der weitere Anstieg des Inn, führten zu diesem Zeitpunkt bereits zu Überschwemmungen der landwirtschaftlichen Flächen zwischen Autobahn und Bahntrasse westlich des Wörgler Baches. Der Ortsteil Giessen wurde zunehmend von den Wassermassen eingenommen, was ebenfalls zur Verständigung und Evakuierung der Bevölkerung führte.

Am Nachmittag kam es dann zum Bruch des bereits überfluteten Dammes beim Pumpwerk Giessen. Ab diesem Zeitpunkt überschlugen sich die Ereignisse und die Wassermassen bahnten sich ihren Weg mit ungeheurer Geschwindigkeit über die Unterführungen Spar, Giessen und Giessenweg nach Süden in Richtung Stadtzentrum. Die mittlerweile getroffenen Rückhaltemaßnahmen im Bereich nördlich der Bahn hielten den gewaltigen Wassermassen nicht mehr stand und so musste man sich auch hier mit der Warnung und Evakuierung der betroffenen Bewohner und Firmen beschäftigen.Die Arbeiten der Feuerwehren (inzwischen wurde die FF-Wörgl durch immer mehr Nachbarwehren unterstützt) und zahlreicher Bewohner und Helfer entpuppte sich als Sissyfußarbeit. Der rasant anwachsende Wasserstand zwang die Einsatzkräfte sich immer weiter zurückzuziehen und ihre Hochwasserschutzmassnahmen zu verlassen. Man versuchte verzweifelt zu retten, was noch zu retten war und gleichzeitig liefen die Evakuierungsmaßnahmen durch Feuerwehr und anderer Rettungsorganisationen. Zum Einsatz kamen neben Feuerwehrbooten auch Boote der Wasserrettung aus Tirol und Bayern, mit denen die Einsatzkräfte eingeschlossene Menschen (ein älterer Rollstuhlfahrer wurde aus der bereits überschwemmten Wohnung geholt) und auch Tiere, aus zum Teil lebensbedrohenden Situationen, befreiten.

Dramatische Rettungsmaßnahmen – Schadensausmaß kommt zum VorscheinIn den frühen Abendstunden begann man den mittlerweile lokalisierten Dammbruch mit einem enormen Aufwand von Maschinen (Bagger und zahlreiche LKW) über die bereits gesperrte Autobahn zu schließen. Als diese Maßnahmen erste Erfolgsaussichten versprachen, kam es auf Grund des rückläufigen Wasserspiegels am Inn zur Entspannung der Situation.

Während dessen konnten auch die zum Teil dramatischen Rettungsmaßnahmen, eingeschlossener Personen, erfolgreich abgeschlossen werden.

Mittlerweile war es bereits nach Mitternacht und damit der nächste Tag angebrochen. Das Eindringen der Wassermassen aus dem Inn kam zum Stillstand und innerhalb kurzer Zeit wendete sich das Ereignis zum positiven und der Wasserspiegel in den überfluteten Gebieten begann durch das abfließen des Wassers zurück in den Inn zu sinken.

Am frühen Morgen war der Wasserspiegel bereits stark rückläufig, es kam aber auch das tatsächliche Ausmaß des Ereignisses zum Vorschein. Eine Fläche von ca. einem Quadratkilometer wurde von den Wassermassen überschwemmt und ein Großteil der darauf befindlichen Liegenschaften erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Einige Gebäude wurden sogar so schwer beschädigt, dass sie abgerissen werden mussten. Das Hochwasser verschonte weder Firmen noch Eigenheimbesitzer und führte zu enormen Schäden an allem was sich ihm in den Weg stellte.

Infrastruktur lahm gelegt – Verkehr kam zum erliegen

Bei diesem Hochwasser wurde unsere Stadt in fast allen Bereichen in Mitleidenschaft gezogen und die Infrastruktur nahezu völlig lahm gelegt.

Das Verteilnetz (Umspannwerke, Trafostationen usw.) der Stadtwerke Wörgl wurde durch das Hochwasser schwer beschädigt, wodurch in den betroffenen Gebieten und weit darüber hinaus die Stromversorgung zum Teil mehrere Tage unterbrochen wurde. Damit verbunden sind auch Kanal- und Oberflächenpumpwerke ausgefallen und in weiterer Folge zum Teil erheblich beschädigt worden.

Das Pumpwerk Giessen, gebaut im Zuge des Kraftwerksbaus in Kirchbichl, senkt normalerweise denn, durch die Stauzone am Inn, verursachten Anstieg des Grundwassers im Ortsteil Giessen. Auf Grund des Dammbruchs in unmittelbarer Nähe, wurde die Stromversorgung unterbrochen und in weiterer Folge das gesamte Pumpwerk außer Betrieb gesetzt und überflutet.

Die Verkehrsituation spitzte sich im Laufe des Tages immer mehr zu. So mussten die inzwischen überflutete Autobahn bereits in den Nachmittagstunden für den gesamten Verkehr gesperrt werden. Mit der Überflutung der Bundesstraße in den Abendstunden kam dann der Straßenverkehr gänzlich zum erliegen und verursachte im Tiroler Unterland ein erhebliches Verkehrschaos. So standen während der Nacht, entlang der Durchzugsstraßen, verlassene Fahrzeuge deren Insassen, zum Teil in Notunterkünften, versorgt und untergebracht wurden.

Auch der Bahnbetrieb blieb nicht unbeeinträchtigt. Neben den katastrophalen Auswirkungen im Tiroler Oberland und Vorarlberg (streckenweise wurde die Bahntrasse völlig zerstört) durften im Bezirk Kufstein (streckenweise wurde fast der gesamte Bahnkörper vom Hochwasser eingeschlossen) die Züge aus Sicherheitsgründen nur mehr mit verminderter Geschwindigkeit fahren. Diese Umstände führten zu erheblichen Verspätungen und teilweise zu Ausfällen von Zugsverbindungen. Laut Aussagen von Augenzeugen stellte sich eine Zugfahrt wie eine Geisterbahnfahrt mitten durch einen riesigen See dar.

Die Verkehrssituation entschärfte sich erst am nächsten bzw. übernächsten Tag als nach Rückgang der Fluten die Verkehrswege wieder frei gegeben werden konnten.

Im Gegensatz zur Verkehrsituation stellt die Versorgung der Bevölkerung von Wörgl und Umgebung kein Problem dar. Auf Grund der enormen Dichte an Einkaufszentren kam es in der Nahversorgung nie zu Engpässen. Eventuell auftretende Versorgungsschwierigkeiten von Seiten der schwer in Mitleidenschaft gezogenen Großhandelsbetriebe, wie Spar und Riedhart, wurden durch professionelle Umverteilung gelöst und waren für die Bevölkerung nicht spürbar.

Dann waren da auch noch die zahlreich betroffenen Firmen, Wohnungs- und Hausbesitzer. Das Hochwasser verursachte im speziellen bei Wohngebäuden so schwere Schäden, dass die eine oder andere Familie die Vernichtung ihres gesamten Hab und Guts miterleben mussten und dadurch an den Rand des finanziellen Ruins getrieben wurden. Es ist noch gar nicht abzusehen wie lange es dauern wird bis diese Familien wieder in ihre Wohnungen einziehen können.

Medienwirksamkeit der Stadt und grenzenlose Hilfsbereitschaft führten zum Einsatzerfolg

Das unglaubliche Ausmaß der Hochwasserkatastrophe welches, durch die Medienwirksamkeit der Stadt Wörgl und wahrscheinlich auch durch die hervorragende Öffentlichkeitsarbeit der Einsatzleitung, der Öffentlichkeit vor Augen geführt wurde, löste in den nächsten Tagen in ganz Österreich und im benachbarten Ausland einen noch nie da gewesenen Ansturm von Hilfskräften aus. Es boten neben den Nachbarfeuerwehren des Bezirks Kufstein, Feuerwehren aus den Bezirken Kitzbühel, Schwaz und Innsbruck, Feuerwehren aus Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und sogar aus Südtirol ihre Hilfe an. Zahlreiche Firmen und Bauern unterstützten mit ihren Maschinen ebenfalls die Aufräumungsarbeiten. Das Bundesheer unterstützte den Einsatz genauso wie die Polizei, das Rote Kreuz, der Samariterbund und zahlreiche andere Organisationen. Und nicht zu vergessen die unzähligen Privatpersonen welche aus ganz Österreich und darüber hinaus anreisten um einfach nur zu helfen.

Durch den massiven Einsatz von Helfern und technischem Gerät der oben angeführten Hilfskräfte konnten die Wassermassen aus nahezu allen Gebäuden in wenigen Tagen ausgepumpt, riesige Berge von Sperrmüll (ca. 100.000 Tonnen) und die enormen Ölverschmutzungen beseitigt werden.

Um den Ansturm der Hilfskräfte in einigermaßen geordnete Bahnen zu lenken, hatte die Gemeindeeinsatzleitung und die Einsatzleitung der Feuerwehr alle Hände voll zu tun. Durch ihre ausgezeichnete Arbeit wurde die Schadenslage bestmöglich erkannt, es wurden notwendige Befehlsstrukturen aufgebaut welche die Hilfskräfte zielführend zum Einsatz brachten und damit, auf der einen Seite Leerläufe und auf der anderen Seite, Engpässe verhinderten.

Ein Einsatz in diesem Ausmaß stellt auch einige Anforderung an die Versorgung der Einsatzkräfte und so mussten eine Woche lang zum Teil 1000 Personen zu den jeweiligen Malzeiten versorgt werden. Das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Wörgl wurde kurzer Hand in ein Verpflegungszentrum für sämtliche Einsatzkräfte und Hochwassergeschädigten umfunktioniert. Nur durch eine organisatorische Meisterleistung der Feuerwehr Wörgl und dem Roten Kreuz, unterstützt durch den uneigennützigen Einsatz ortsansässiger Gastronomen war es möglich, diese Anforderung zu bewältigen.

Dieses Ereignis hat trotz aller Tragik wieder eines unter Beweis gestellt, wenn auch der zwischenmenschliche Umgang in unserer Gesellschaft immer rauer wird, so kann man in Notsituationen immer mit Hilfe rechnen. Das hat nicht nur der grenzenlose Ansturm von Helfern gezeigt, sondern auch die Spendenfreudigkeit aus allen Teilen Österreichs und darüber hinaus.

Zukünftiger Hochwasserschutz – ein Vergelt´s Gott an Alle

Die Anforderungen an einen zukünftigen, effizienten Hochwasserschutz sind vielseitig und bedürfen einer professionellen Planung durch einen kompetenten Expertenkreis.

So wird man neben Ziel führenden Hochwasserschutzbauten und genügend Überflutungsflächen auch Investitionen zur Erhaltung der Infrastruktur tätigen müssen. Eine Grundvoraussetzung stellt die Aufrechterhaltung der Stromversorgung dar, denn nur dann können Pumpwerke funktionieren und die zuströmenden Wassermassen abpumpen. Darüber hinaus könnte sich so mancher Immobilienbesitzer selbst helfen und eintretendes Grundwasser ohne Einsatzkräfte beseitigen.

Die Aufrechterhaltung der Verkehrsverbindungen gehört neben der Stromversorgung zu den wichtigsten Voraussetzungen im Katastrophenfall, denn wenn der Verkehr zum erliegen kommt, wird es auch für Einsatzkräfte äußerst schwierig, rechtzeitig zum Einsatzort zu kommen.

Maßgebliche Grundlage für die zukünftige Bewältigung solcher Ereignisse ist ein möglichst perfekt überarbeiteter Katastrophenschutzplan, der bei jeder Art von Schadensereignissen anwendbar ist, und ständig den neuesten Erkenntnissen angepasst werden muss.

Allen die bei der Bewältigung dieses Hochwasserereignisses mitgeholfen haben, in welcher Form auch immer, gehört größtes Lob ausgesprochen aber vor allem ein Vergelt´s Gott. Ohne den unermüdlichen Einsatz aller bereits erwähnten Organisationen, Firmen und Privatpersonen wäre es nicht möglich gewesen, in so kurzer Zeit wieder den Alltag einkehren zu lassen.

ABI Franz Sollerer

Beschreibung:

Granitstein

Details

Gemeindename Wörgl
Gemeindekennzahl 70531
Ortsübliche Bezeichnung Meilensteine Wörgl - Hochwasser in Wörgl
Objektkategorie 1200 ( Kulturhistorische Natur- und Steindenkmäler | | )

Katastralgemeinde
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer
Ortschafts- bzw. Ortsteil
Straße und Hausnummer bzw. Flurname Bahnhofsstraße
Längengrad
Breitengrad

Tirol: denkmalgeschützt --

Höhe (m) 0.4
gemessen od. geschätzt gemessen
Breite (m) 0.6
gemessen od. geschätzt gemessen
Tiefe (m)
gemessen od. geschätzt --

Zustandsklassifizierung --
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös:
empfohlene Maßnahmen

Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) Granitstein
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details

Zeitkategorie --
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) Hochwasserkatastrophe 2005

Das Hochwasser 2005 - Eindrücke über Katastrophe und Bewältigung

Naturkatastrophen hat es seit je her gegeben – einmal schlimmer – das andere mal glimpflicher – ob sie zyklisch einmal stärker einmal schwächer ausfallen, oder ob der Grund die nicht zu leugnenden Klimaveränderungen sind – Gletscher kommen und gehen – die Sonnenaktivität wird stärker und schwächer – die Ozonschicht verändert sich laufend – all das können Faktoren für stärker oder schwächer ausfallende Unwetterkatastrophen sein.

Wodurch auch immer sie hervorgerufen werden, wir müssen damit umgehen lernen und uns mit der Gewissheit abfinden, dass Unwetterkatastrophen in nächster Zukunft eher heftiger ausfallen, als sich beruhigen. Die ungeheuere Wucht dieser Ereignisse ist nicht mehr nur eine Erscheinung in fernen Ländern, sondern richtet auch in unseren Breitengraden immer öfter verheerende Schäden und unermessliches Leid an.

Auch unsere Heimat blieb im Jahr 2005 nicht von Unwetterkatastrophen verschont.Ende August 2005 wurde Tirol von den heftigsten Regenfällen der letzten Jahre heimgesucht, wobei das dadurch entstandene Hochwasser eine Spur der Verwüstung durch unser Land zog. Von West nach Ost wälzte sich, neben zahlreichen anderen außer Kontrolle geratenen Bächen und Flüssen, der hochwasserführende Inn durch das ganze Bundesland und verursachte enorme Schäden an allem was nicht mehr in Sicherheit gebracht werden konnte.

So wurde auch unsere Heimatstadt Wörgl, am Dienstag denn 23.August 2005, in Folge von stundenlangen Regengüssen über ganz Tirol zum Spielball der Natur. Während im Paznaun- und Stanzertal die Wassermassen sich bereits in der Nacht zum 23.8.2005 in Richtung Landeck wälzten und alles mitrissen was ihnen in die Quere kam, dachte in Wörgl noch niemand auch nur im entferntesten an das, was sich wenige Stunden spätere ereignen sollte.

Dramatischer Anstieg des Inn – Großalarm für FeuerwehrAm Morgen des 23.08.2005 wurden die ersten Erkundungen durch Feuerwehr und Gemeinde durchgeführt. Obwohl sich der Wasserspiegel des Inn zu diesem Zeitpunkt noch einige Meter unter dem späteren Höchststand befand, wurden auf Grund der aktuellen Meldungen aus dem Oberland und der starken Regenfälle, bereits erste Maßnahmen getroffen. So begann man am städtischen Bauhof mit dem Befüllen von Sandsäcken, orderte Bagger und Lkws mit Sand um gegen ein eventuelles Hochwasser gerüstet zu sein.

Noch während dieser Maßnahmen wurde dann die Feuerwehr zum ersten Einsatz (mittels Pieps) gerufen, welcher allerdings mit dem späteren Hochwasser nichts zu tun hatte. Es handelte sich um Wassereintritt, auf Grund der starken Regenfälle, in den Keller eines Wohnhauses in der Simon-Premstraße. Während dessen wurden die Beobachtungen des Inn weiter durchgeführt.

Der dramatische Anstieg des Wasserspiegels am Inn führte dann am frühen Vormittag zum Großalarm für die Feuerwehr Wörgl. Zu dieser Zeit kam es bereits zu ersten Überflutungen über das Kanalsystem im Ortsteil Söcking, östlich des Wörgler Bach, sodass eine Anfahrt der Einsatzkräfte über die sogenannte Große Unterführung (M. Pichlerstraße) nicht mehr möglich war.

Die ersten Einsatzmaßnahmen beschränkten sich auf die Ufersicherung (mit Sandsäcken und durch Folien geschützte Erdwälle) im Bereich der Kompostieranlage und der nördlichen

Grillparzerstraße. Der unaufhaltsame Anstieg des Inn machte es den Einsatzkräften unmöglich die Wassermassen von den Wohnanlagen der Grillparzerstraße fern zu halten. Man war gezwungen die Bewohner dieses Ortsteils auf das Schlimmste vorzubereiten, damit sie ihre wichtigsten Habseligkeiten in Sicherheit bringen konnten. In weiterer Folge wurde in Absprache mit der Gemeindeeinsatzleitung mit der Evakuierung dieses Teils von Wörgl begonnen.

Der Damm bricht - Hochwasser außer Kontrolle – Ereignisse überschlagen sichAm mittlerweile zweiten Schauplatz dieses Hochwasserereignisses gab es am späten Vormittag die ersten Überflutungen des Dammes nördlich vom Pumpwerk Giessen. Diese Tatsache und der weitere Anstieg des Inn, führten zu diesem Zeitpunkt bereits zu Überschwemmungen der landwirtschaftlichen Flächen zwischen Autobahn und Bahntrasse westlich des Wörgler Baches. Der Ortsteil Giessen wurde zunehmend von den Wassermassen eingenommen, was ebenfalls zur Verständigung und Evakuierung der Bevölkerung führte.

Am Nachmittag kam es dann zum Bruch des bereits überfluteten Dammes beim Pumpwerk Giessen. Ab diesem Zeitpunkt überschlugen sich die Ereignisse und die Wassermassen bahnten sich ihren Weg mit ungeheurer Geschwindigkeit über die Unterführungen Spar, Giessen und Giessenweg nach Süden in Richtung Stadtzentrum. Die mittlerweile getroffenen Rückhaltemaßnahmen im Bereich nördlich der Bahn hielten den gewaltigen Wassermassen nicht mehr stand und so musste man sich auch hier mit der Warnung und Evakuierung der betroffenen Bewohner und Firmen beschäftigen.Die Arbeiten der Feuerwehren (inzwischen wurde die FF-Wörgl durch immer mehr Nachbarwehren unterstützt) und zahlreicher Bewohner und Helfer entpuppte sich als Sissyfußarbeit. Der rasant anwachsende Wasserstand zwang die Einsatzkräfte sich immer weiter zurückzuziehen und ihre Hochwasserschutzmassnahmen zu verlassen. Man versuchte verzweifelt zu retten, was noch zu retten war und gleichzeitig liefen die Evakuierungsmaßnahmen durch Feuerwehr und anderer Rettungsorganisationen. Zum Einsatz kamen neben Feuerwehrbooten auch Boote der Wasserrettung aus Tirol und Bayern, mit denen die Einsatzkräfte eingeschlossene Menschen (ein älterer Rollstuhlfahrer wurde aus der bereits überschwemmten Wohnung geholt) und auch Tiere, aus zum Teil lebensbedrohenden Situationen, befreiten.

Dramatische Rettungsmaßnahmen – Schadensausmaß kommt zum VorscheinIn den frühen Abendstunden begann man den mittlerweile lokalisierten Dammbruch mit einem enormen Aufwand von Maschinen (Bagger und zahlreiche LKW) über die bereits gesperrte Autobahn zu schließen. Als diese Maßnahmen erste Erfolgsaussichten versprachen, kam es auf Grund des rückläufigen Wasserspiegels am Inn zur Entspannung der Situation.

Während dessen konnten auch die zum Teil dramatischen Rettungsmaßnahmen, eingeschlossener Personen, erfolgreich abgeschlossen werden.

Mittlerweile war es bereits nach Mitternacht und damit der nächste Tag angebrochen. Das Eindringen der Wassermassen aus dem Inn kam zum Stillstand und innerhalb kurzer Zeit wendete sich das Ereignis zum positiven und der Wasserspiegel in den überfluteten Gebieten begann durch das abfließen des Wassers zurück in den Inn zu sinken.

Am frühen Morgen war der Wasserspiegel bereits stark rückläufig, es kam aber auch das tatsächliche Ausmaß des Ereignisses zum Vorschein. Eine Fläche von ca. einem Quadratkilometer wurde von den Wassermassen überschwemmt und ein Großteil der darauf befindlichen Liegenschaften erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Einige Gebäude wurden sogar so schwer beschädigt, dass sie abgerissen werden mussten. Das Hochwasser verschonte weder Firmen noch Eigenheimbesitzer und führte zu enormen Schäden an allem was sich ihm in den Weg stellte.

Infrastruktur lahm gelegt – Verkehr kam zum erliegen

Bei diesem Hochwasser wurde unsere Stadt in fast allen Bereichen in Mitleidenschaft gezogen und die Infrastruktur nahezu völlig lahm gelegt.

Das Verteilnetz (Umspannwerke, Trafostationen usw.) der Stadtwerke Wörgl wurde durch das Hochwasser schwer beschädigt, wodurch in den betroffenen Gebieten und weit darüber hinaus die Stromversorgung zum Teil mehrere Tage unterbrochen wurde. Damit verbunden sind auch Kanal- und Oberflächenpumpwerke ausgefallen und in weiterer Folge zum Teil erheblich beschädigt worden.

Das Pumpwerk Giessen, gebaut im Zuge des Kraftwerksbaus in Kirchbichl, senkt normalerweise denn, durch die Stauzone am Inn, verursachten Anstieg des Grundwassers im Ortsteil Giessen. Auf Grund des Dammbruchs in unmittelbarer Nähe, wurde die Stromversorgung unterbrochen und in weiterer Folge das gesamte Pumpwerk außer Betrieb gesetzt und überflutet.

Die Verkehrsituation spitzte sich im Laufe des Tages immer mehr zu. So mussten die inzwischen überflutete Autobahn bereits in den Nachmittagstunden für den gesamten Verkehr gesperrt werden. Mit der Überflutung der Bundesstraße in den Abendstunden kam dann der Straßenverkehr gänzlich zum erliegen und verursachte im Tiroler Unterland ein erhebliches Verkehrschaos. So standen während der Nacht, entlang der Durchzugsstraßen, verlassene Fahrzeuge deren Insassen, zum Teil in Notunterkünften, versorgt und untergebracht wurden.

Auch der Bahnbetrieb blieb nicht unbeeinträchtigt. Neben den katastrophalen Auswirkungen im Tiroler Oberland und Vorarlberg (streckenweise wurde die Bahntrasse völlig zerstört) durften im Bezirk Kufstein (streckenweise wurde fast der gesamte Bahnkörper vom Hochwasser eingeschlossen) die Züge aus Sicherheitsgründen nur mehr mit verminderter Geschwindigkeit fahren. Diese Umstände führten zu erheblichen Verspätungen und teilweise zu Ausfällen von Zugsverbindungen. Laut Aussagen von Augenzeugen stellte sich eine Zugfahrt wie eine Geisterbahnfahrt mitten durch einen riesigen See dar.

Die Verkehrssituation entschärfte sich erst am nächsten bzw. übernächsten Tag als nach Rückgang der Fluten die Verkehrswege wieder frei gegeben werden konnten.

Im Gegensatz zur Verkehrsituation stellt die Versorgung der Bevölkerung von Wörgl und Umgebung kein Problem dar. Auf Grund der enormen Dichte an Einkaufszentren kam es in der Nahversorgung nie zu Engpässen. Eventuell auftretende Versorgungsschwierigkeiten von Seiten der schwer in Mitleidenschaft gezogenen Großhandelsbetriebe, wie Spar und Riedhart, wurden durch professionelle Umverteilung gelöst und waren für die Bevölkerung nicht spürbar.

Dann waren da auch noch die zahlreich betroffenen Firmen, Wohnungs- und Hausbesitzer. Das Hochwasser verursachte im speziellen bei Wohngebäuden so schwere Schäden, dass die eine oder andere Familie die Vernichtung ihres gesamten Hab und Guts miterleben mussten und dadurch an den Rand des finanziellen Ruins getrieben wurden. Es ist noch gar nicht abzusehen wie lange es dauern wird bis diese Familien wieder in ihre Wohnungen einziehen können.

Medienwirksamkeit der Stadt und grenzenlose Hilfsbereitschaft führten zum Einsatzerfolg

Das unglaubliche Ausmaß der Hochwasserkatastrophe welches, durch die Medienwirksamkeit der Stadt Wörgl und wahrscheinlich auch durch die hervorragende Öffentlichkeitsarbeit der Einsatzleitung, der Öffentlichkeit vor Augen geführt wurde, löste in den nächsten Tagen in ganz Österreich und im benachbarten Ausland einen noch nie da gewesenen Ansturm von Hilfskräften aus. Es boten neben den Nachbarfeuerwehren des Bezirks Kufstein, Feuerwehren aus den Bezirken Kitzbühel, Schwaz und Innsbruck, Feuerwehren aus Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und sogar aus Südtirol ihre Hilfe an. Zahlreiche Firmen und Bauern unterstützten mit ihren Maschinen ebenfalls die Aufräumungsarbeiten. Das Bundesheer unterstützte den Einsatz genauso wie die Polizei, das Rote Kreuz, der Samariterbund und zahlreiche andere Organisationen. Und nicht zu vergessen die unzähligen Privatpersonen welche aus ganz Österreich und darüber hinaus anreisten um einfach nur zu helfen.

Durch den massiven Einsatz von Helfern und technischem Gerät der oben angeführten Hilfskräfte konnten die Wassermassen aus nahezu allen Gebäuden in wenigen Tagen ausgepumpt, riesige Berge von Sperrmüll (ca. 100.000 Tonnen) und die enormen Ölverschmutzungen beseitigt werden.

Um den Ansturm der Hilfskräfte in einigermaßen geordnete Bahnen zu lenken, hatte die Gemeindeeinsatzleitung und die Einsatzleitung der Feuerwehr alle Hände voll zu tun. Durch ihre ausgezeichnete Arbeit wurde die Schadenslage bestmöglich erkannt, es wurden notwendige Befehlsstrukturen aufgebaut welche die Hilfskräfte zielführend zum Einsatz brachten und damit, auf der einen Seite Leerläufe und auf der anderen Seite, Engpässe verhinderten.

Ein Einsatz in diesem Ausmaß stellt auch einige Anforderung an die Versorgung der Einsatzkräfte und so mussten eine Woche lang zum Teil 1000 Personen zu den jeweiligen Malzeiten versorgt werden. Das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Wörgl wurde kurzer Hand in ein Verpflegungszentrum für sämtliche Einsatzkräfte und Hochwassergeschädigten umfunktioniert. Nur durch eine organisatorische Meisterleistung der Feuerwehr Wörgl und dem Roten Kreuz, unterstützt durch den uneigennützigen Einsatz ortsansässiger Gastronomen war es möglich, diese Anforderung zu bewältigen.

Dieses Ereignis hat trotz aller Tragik wieder eines unter Beweis gestellt, wenn auch der zwischenmenschliche Umgang in unserer Gesellschaft immer rauer wird, so kann man in Notsituationen immer mit Hilfe rechnen. Das hat nicht nur der grenzenlose Ansturm von Helfern gezeigt, sondern auch die Spendenfreudigkeit aus allen Teilen Österreichs und darüber hinaus.

Zukünftiger Hochwasserschutz – ein Vergelt´s Gott an Alle

Die Anforderungen an einen zukünftigen, effizienten Hochwasserschutz sind vielseitig und bedürfen einer professionellen Planung durch einen kompetenten Expertenkreis.

So wird man neben Ziel führenden Hochwasserschutzbauten und genügend Überflutungsflächen auch Investitionen zur Erhaltung der Infrastruktur tätigen müssen. Eine Grundvoraussetzung stellt die Aufrechterhaltung der Stromversorgung dar, denn nur dann können Pumpwerke funktionieren und die zuströmenden Wassermassen abpumpen. Darüber hinaus könnte sich so mancher Immobilienbesitzer selbst helfen und eintretendes Grundwasser ohne Einsatzkräfte beseitigen.

Die Aufrechterhaltung der Verkehrsverbindungen gehört neben der Stromversorgung zu den wichtigsten Voraussetzungen im Katastrophenfall, denn wenn der Verkehr zum erliegen kommt, wird es auch für Einsatzkräfte äußerst schwierig, rechtzeitig zum Einsatzort zu kommen.

Maßgebliche Grundlage für die zukünftige Bewältigung solcher Ereignisse ist ein möglichst perfekt überarbeiteter Katastrophenschutzplan, der bei jeder Art von Schadensereignissen anwendbar ist, und ständig den neuesten Erkenntnissen angepasst werden muss.

Allen die bei der Bewältigung dieses Hochwasserereignisses mitgeholfen haben, in welcher Form auch immer, gehört größtes Lob ausgesprochen aber vor allem ein Vergelt´s Gott. Ohne den unermüdlichen Einsatz aller bereits erwähnten Organisationen, Firmen und Privatpersonen wäre es nicht möglich gewesen, in so kurzer Zeit wieder den Alltag einkehren zu lassen.

ABI Franz Sollerer
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher)

Hochwasser in Wörgl

Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen http://meilensteine.woergl.at/

kuf woergl
Datum der Erfassung 2019-11-30
Datum der letzten Bearbeitung 2020-01-08
letzter Bearbeiter kuf woergl

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