Meilensteine Wörgl - Erfindung des Velocipeds
Gemeinde: Wörgl
Zeitkategorie: --
Chronik:
Karl Friedrich Freiherr Drais von Sauerbronn (1785-1851), der sich als überzeugter Demokrat nach der bürgerlichen Revolution von 1848 nur mehr Karl Friedrich Drais nannte, stammte aus einem alten lothringischen Adelsgeschlecht, trat 1808 in den großherzoglich-badischen Forstdienst ein,
erhielt 1811 jedoch bei vollen Bezügen auf unbestimmte Zeit Urlaub, da er als Bastler und Erfinder mehr Begabung zeigte und damit seinem Dienstherren offenbar dienlicher als seine Eignung zum Forstmeister von Nutzen war.
1813 konstruierte Drais von Sauerbronn eine „Fahrmaschine“, den ersten Prototyp eines Wagens ohne Pferde und nur mit Tretantrieb. Ein Wasserbauingenieur und ein Architekt begutachteten in großherzoglichem Auftrag das Gefährt, lehnten jedoch die Idee eines pferdelosen Muskelkraftwagens rundweg ab, da sie darin keinen Nutzen für die Menschen erkennen konnten.
Dessen ungeachtet arbeitete Drais weiterhin an einer Fahrmaschine und stellte vier Jahre später ein neues Gefährt vor, das Zweirad. Es war eine einspurige, lenkbare Laufmaschine mit zwei Rädern, auf der man sich sitzend mit den Füßen vom Boden abstoßend fortbewegte. In einer späteren, französischsprachigen Beschreibung bezeichnete Drais sein Gefährt als „Vélocipède“ (aus dem Lateinischen „velox“ = schnell und „pes“ = Fuß), der Begriff „Fahrrad“ kam erst 1885 auf! Um die Nützlichkeit seiner neuen Erfindung zu demonstrieren, legte Drais damit im Sommer 1817 eine rund 14,5 km lange Strecke zurück, für welche die Pferdepost damals etwa vier Stunden benötigte.
Ende Juli 1817, nachdem Drais bereits eine zweite Fahrt mit seinem Laufrad „Loda“ (eine Wortschöpfung aus dem französischen „la locomotion“ = Fortbewegung und „le dada“ = Steckenpferd), unternommen hatte, stand über die Jungfernfahrt des „Vélocipèdes“ sowie über die zweite „Radtour“ des Freiherrn in einem Wochenblättchen des Kurortes Baden-Baden folgendes zu lesen:
„LODA,
eine neuerfundene Fahrmaschine.
Der Freiherr Karl von Drais, welcher nach glaubwürdigen Zeugnissen, Donnerstag, den 12ten Juny d.J. mit der neuesten Gattung der von ihm erfundenen Fahrmaschinen ohne Pferd von Mannheim bis an das Schwetzinger Rebenhaus und wieder zurück, also 4 Poststunden Wegs in einer Stunde Zeit gefahren ist, hat mit der nemlichen Maschine den steilen, zwey Stunden betragenden Gebirgsweg von Gernsbach hieher in ungefähr einer Stunde zurückgelegt, und auch hier mehrere Kunstliebhaber von der großen Schnelligkeit dieser sehr interessanten Fahrmaschine überzeugt.
Die Haupt-Idee der Erfindung ist von dem Schlittschuhfahren genommen und besteht in dem einfachen Gedanken,
einen Sitz auf Rädern mit den Füßen auf dem Boden fortzustoßen.
Die vorhandene Ausführung insbesondere besteht in einem Reitsitz auf nur 2 zweyschühigen [1 Badischer Fuß/Schuh = 30 cm], hintereinanderlaufenden Rädern, um auf allen Fußwegen der Landstraßen fahren zu können, da diese durch den ganzen Sommer durch fast immer sehr gut sind. Man hat dabey zur Erhaltung des Gleichgewichts ein kleines gepolstertes Brettchen vor sich, worauf die Arme aufgelegt werden, und vor welchem sich die kleine Leitstange befindet, die man in den Händen hält, um den Gang zu dirigieren. [...]“
Das neue Gefährt fand großes Interesse und große Verbreitung, wurde vielerorts nachgebaut sowie mit technischen Varianten versehen, wodurch allmählich das heutige Fahrrad konkrete Gestalt annahm: in den 1860er Jahren kamen Tretkurbel („Pedalen“ am Vorderrad), Drahtspeichen oder Kettenantrieb am Hinterrad und 1891 der „Pneu“ hinzu, um nur die wichtigsten Neuerungen aus der Frühzeit der Fahrradgeschichte zu nennen.
Karl Drais erhielt nach seiner Erfindung neben einige Ehrungen auch eine Ernennung zum Professor der Mechanik mit Pension; in späteren Jahren hielt er sich fünf Jahre in Brasilien auf, kehrte 1827 jedoch wieder nach Baden zurück, machte einige Erfindungen und trat publizistisch und politisch hervor. Politisch verfolgt und mittellos (die preussische Besatzung in Baden beschlagnahmte seine Pension zur Begleichung der Revolutionskosten) starb Karl Drais am 10. Dezember 1851 in Karlsruhe.
Beschreibung:
Granitstein
Details
Gemeindename | Wörgl |
Gemeindekennzahl | 70531 |
Ortsübliche Bezeichnung | Meilensteine Wörgl - Erfindung des Velocipeds |
Objektkategorie | 1200 ( Kulturhistorische Natur- und Steindenkmäler | | ) |
Katastralgemeinde | |
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer | |
Ortschafts- bzw. Ortsteil | |
Straße und Hausnummer bzw. Flurname | Bahnhofsstraße |
Längengrad | |
Breitengrad |
Tirol: denkmalgeschützt | -- |
Höhe (m) | 0.4 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Breite (m) | 0.6 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Tiefe (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Zustandsklassifizierung | -- |
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös: empfohlene Maßnahmen |
Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) | Granitstein |
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details |
Zeitkategorie | -- |
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) | Karl Friedrich Freiherr Drais von Sauerbronn (1785-1851), der sich als überzeugter Demokrat nach der bürgerlichen Revolution von 1848 nur mehr Karl Friedrich Drais nannte, stammte aus einem alten lothringischen Adelsgeschlecht, trat 1808 in den großherzoglich-badischen Forstdienst ein, erhielt 1811 jedoch bei vollen Bezügen auf unbestimmte Zeit Urlaub, da er als Bastler und Erfinder mehr Begabung zeigte und damit seinem Dienstherren offenbar dienlicher als seine Eignung zum Forstmeister von Nutzen war. 1813 konstruierte Drais von Sauerbronn eine „Fahrmaschine“, den ersten Prototyp eines Wagens ohne Pferde und nur mit Tretantrieb. Ein Wasserbauingenieur und ein Architekt begutachteten in großherzoglichem Auftrag das Gefährt, lehnten jedoch die Idee eines pferdelosen Muskelkraftwagens rundweg ab, da sie darin keinen Nutzen für die Menschen erkennen konnten. Dessen ungeachtet arbeitete Drais weiterhin an einer Fahrmaschine und stellte vier Jahre später ein neues Gefährt vor, das Zweirad. Es war eine einspurige, lenkbare Laufmaschine mit zwei Rädern, auf der man sich sitzend mit den Füßen vom Boden abstoßend fortbewegte. In einer späteren, französischsprachigen Beschreibung bezeichnete Drais sein Gefährt als „Vélocipède“ (aus dem Lateinischen „velox“ = schnell und „pes“ = Fuß), der Begriff „Fahrrad“ kam erst 1885 auf! Um die Nützlichkeit seiner neuen Erfindung zu demonstrieren, legte Drais damit im Sommer 1817 eine rund 14,5 km lange Strecke zurück, für welche die Pferdepost damals etwa vier Stunden benötigte. Ende Juli 1817, nachdem Drais bereits eine zweite Fahrt mit seinem Laufrad „Loda“ (eine Wortschöpfung aus dem französischen „la locomotion“ = Fortbewegung und „le dada“ = Steckenpferd), unternommen hatte, stand über die Jungfernfahrt des „Vélocipèdes“ sowie über die zweite „Radtour“ des Freiherrn in einem Wochenblättchen des Kurortes Baden-Baden folgendes zu lesen: „LODA, eine neuerfundene Fahrmaschine. Der Freiherr Karl von Drais, welcher nach glaubwürdigen Zeugnissen, Donnerstag, den 12ten Juny d.J. mit der neuesten Gattung der von ihm erfundenen Fahrmaschinen ohne Pferd von Mannheim bis an das Schwetzinger Rebenhaus und wieder zurück, also 4 Poststunden Wegs in einer Stunde Zeit gefahren ist, hat mit der nemlichen Maschine den steilen, zwey Stunden betragenden Gebirgsweg von Gernsbach hieher in ungefähr einer Stunde zurückgelegt, und auch hier mehrere Kunstliebhaber von der großen Schnelligkeit dieser sehr interessanten Fahrmaschine überzeugt. Die Haupt-Idee der Erfindung ist von dem Schlittschuhfahren genommen und besteht in dem einfachen Gedanken, einen Sitz auf Rädern mit den Füßen auf dem Boden fortzustoßen. Die vorhandene Ausführung insbesondere besteht in einem Reitsitz auf nur 2 zweyschühigen [1 Badischer Fuß/Schuh = 30 cm], hintereinanderlaufenden Rädern, um auf allen Fußwegen der Landstraßen fahren zu können, da diese durch den ganzen Sommer durch fast immer sehr gut sind. Man hat dabey zur Erhaltung des Gleichgewichts ein kleines gepolstertes Brettchen vor sich, worauf die Arme aufgelegt werden, und vor welchem sich die kleine Leitstange befindet, die man in den Händen hält, um den Gang zu dirigieren. [...]“ Das neue Gefährt fand großes Interesse und große Verbreitung, wurde vielerorts nachgebaut sowie mit technischen Varianten versehen, wodurch allmählich das heutige Fahrrad konkrete Gestalt annahm: in den 1860er Jahren kamen Tretkurbel („Pedalen“ am Vorderrad), Drahtspeichen oder Kettenantrieb am Hinterrad und 1891 der „Pneu“ hinzu, um nur die wichtigsten Neuerungen aus der Frühzeit der Fahrradgeschichte zu nennen. Karl Drais erhielt nach seiner Erfindung neben einige Ehrungen auch eine Ernennung zum Professor der Mechanik mit Pension; in späteren Jahren hielt er sich fünf Jahre in Brasilien auf, kehrte 1827 jedoch wieder nach Baden zurück, machte einige Erfindungen und trat publizistisch und politisch hervor. Politisch verfolgt und mittellos (die preussische Besatzung in Baden beschlagnahmte seine Pension zur Begleichung der Revolutionskosten) starb Karl Drais am 10. Dezember 1851 in Karlsruhe. |
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) |
Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen | Hans-Erhard Lessing, automobilität. Karl Drais und die unglaublichen Anfänge, Leipzig 2003; Felix R. Paturi, Chronik der Technik, Dortmund 31989, S. 181 u. 186. |
Datum der Erfassung | 2019-11-30 |
Datum der letzten Bearbeitung | 2020-01-27 |
letzter Bearbeiter | kuf woergl |