Meilensteine Wörgl - Wörgler
Gemeinde: Wörgl
Zeitkategorie: --
Chronik:
Der sogenannte „Wörgler Dorfbrief“ ist eines der wenigen Dokumente, die sich aus der früheren und insgesamt sehr bewegten „politischen“ Geschichte Wörgls erhalten haben. Im Gegensatz zum heutigen Wortgebrauch, bezeichnete ein „Brief“ ursprünglich neben einer schriftlichen Mitteilung vor allem ein Schriftstück, das gewisse Rechtsumstände „verbriefte“; damit ist also unter dem „Dorfbrief“ eine Ordnung zu verstehen, in der wichtige Regelungen das Dorfleben betreffend schriftlich fixiert und somit verbindlich und rechtswirksam werden.
„Anfenglichen und zwar vor allen alldieweilen wir gemelt das Torf abgethailt und under zweierlei Botmäsigkeit Jurisdiction ist, also sollen auch ein ganz Gemain und Dorfschaft alda zu Wörgl auß und unter ihr selbst, gleich wie es von alters her alwögen bishero geschehn, zwen Dorfmaister gesetzt werden.“
(Beginn der Wörgler Dorfordnung; zitiert nach Hye, 18)
Der Beginn des Wörgler Dorfbriefs zollt dem Umstand Rechnung, dass Wörgl seit ca. 1410 aus zwei Gemeindeteilen bestand: der westliche unterstand dem Landgericht Rattenberg, der östliche dem Landgericht Kufstein. Die Grenze zwischen beiden Teilen stellte der Wörgler Bach dar, wobei noch ungeklärt ist, wieso es zu dieser Teilung gekommen ist. Während üblicherweise an der Spitze der Gemeinde ein Dorfmeister steht, wird im Dorfbrief fixiert, dass es in Wörgl – wie seit alters her üblich – zwei sein sollen. Als weitere „Funktionäre“ im Dorf werden noch die Feldhüter erwähnt, die dem Dorfmeister zur Seite stehen.
Die Dorfordnung betrifft die wichtigen Bereiche im bäuerlichen Leben. In 24 Absätzen werden Bestimmungen über das Gemeinwesen, die bäuerliche Wirtschaft, Feld-, Wald- und Weidenutzung festgehalten. Unter anderem wird das Instandhalten der Zäune geregelt; wird fremdes Vieh angetroffen, so muss dieses an bestimmte Orte getrieben und der Obrigkeit gemeldet werden. Die Dorfmeister sollen ferner mit Stroh anzeichnen, welches Feld gemäht werden soll – auf dieses Feld dürfe dann auch kein Vieh mehr getrieben werden. Lücken in Zäunen, die zur Aus- und Einfahrt „aufgerissen und -gebrochen“ werden, müssen wieder geschlossen werden. Gänse dürfen nur auf schlechte Weiden getrieben werden. Geregelt wird außerdem das Zusammenrechen von Laub, das als Streu für die Ställe genutzt wurde, oder das Fischen, Stein- und Holzklauben. Interessant ist auch die Einführung eines „aigenen trüchel“, einer Art Gemeinschaftskassa für die Auslagen, die entstehen, wenn die kaiserlichen und landesfürstlichen Soldaten durchziehen und rasten – ein Umstand, unter dem Wörgl aufgrund seiner verkehrsgeographischen Lage an der Landstraße und am Inn besonders zu leiden hatte.
Abschließend werden sodann noch die Modalitäten der gemeinsamen Verwaltung geregelt. Beschlüsse sollen beispielsweise per Mehrheitsentscheid fallen, wonach sich die Minderheit zu richten habe.
Der Wörgler Dorfbrief ist ein schönes Dokument für die Regelung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten im Dorf. Dabei zeigt das Regeln dieser Bereiche – wie auch manche Formulierungen in der Ordnung – dass es offensichtlich in einigen Fällen zu eigenmächtigem Handeln gekommen war, welches nun wieder der Oberaufsicht der Gemeinde in der Person der Dorfmeister unterstellt wird. Deutlich festgeschrieben ist auch der unterschiedliche Status der besitzenden Bauern gegenüber den rechtlich mindergestellten „Söllheuslern“ und „Klaintragern“, so genannte „Kleinhäusler, die beispielsweise für das Weiden ihres Viehs auf der Gemeinweide Entgelt entrichten mussten.
Beschreibung:
Granitstein
Details
Gemeindename | Wörgl |
Gemeindekennzahl | 70531 |
Ortsübliche Bezeichnung | Meilensteine Wörgl - Wörgler |
Objektkategorie | 1200 ( Kulturhistorische Natur- und Steindenkmäler | | ) |
Katastralgemeinde | |
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer | |
Ortschafts- bzw. Ortsteil | |
Straße und Hausnummer bzw. Flurname | Bahnhofsstraße |
Längengrad | |
Breitengrad |
Tirol: denkmalgeschützt | -- |
Höhe (m) | 0.4 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Breite (m) | 0.6 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Tiefe (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Zustandsklassifizierung | -- |
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös: empfohlene Maßnahmen |
Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) | Granitstein |
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details |
Zeitkategorie | -- |
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) | Der sogenannte „Wörgler Dorfbrief“ ist eines der wenigen Dokumente, die sich aus der früheren und insgesamt sehr bewegten „politischen“ Geschichte Wörgls erhalten haben. Im Gegensatz zum heutigen Wortgebrauch, bezeichnete ein „Brief“ ursprünglich neben einer schriftlichen Mitteilung vor allem ein Schriftstück, das gewisse Rechtsumstände „verbriefte“; damit ist also unter dem „Dorfbrief“ eine Ordnung zu verstehen, in der wichtige Regelungen das Dorfleben betreffend schriftlich fixiert und somit verbindlich und rechtswirksam werden. „Anfenglichen und zwar vor allen alldieweilen wir gemelt das Torf abgethailt und under zweierlei Botmäsigkeit Jurisdiction ist, also sollen auch ein ganz Gemain und Dorfschaft alda zu Wörgl auß und unter ihr selbst, gleich wie es von alters her alwögen bishero geschehn, zwen Dorfmaister gesetzt werden.“ (Beginn der Wörgler Dorfordnung; zitiert nach Hye, 18) Der Beginn des Wörgler Dorfbriefs zollt dem Umstand Rechnung, dass Wörgl seit ca. 1410 aus zwei Gemeindeteilen bestand: der westliche unterstand dem Landgericht Rattenberg, der östliche dem Landgericht Kufstein. Die Grenze zwischen beiden Teilen stellte der Wörgler Bach dar, wobei noch ungeklärt ist, wieso es zu dieser Teilung gekommen ist. Während üblicherweise an der Spitze der Gemeinde ein Dorfmeister steht, wird im Dorfbrief fixiert, dass es in Wörgl – wie seit alters her üblich – zwei sein sollen. Als weitere „Funktionäre“ im Dorf werden noch die Feldhüter erwähnt, die dem Dorfmeister zur Seite stehen. Die Dorfordnung betrifft die wichtigen Bereiche im bäuerlichen Leben. In 24 Absätzen werden Bestimmungen über das Gemeinwesen, die bäuerliche Wirtschaft, Feld-, Wald- und Weidenutzung festgehalten. Unter anderem wird das Instandhalten der Zäune geregelt; wird fremdes Vieh angetroffen, so muss dieses an bestimmte Orte getrieben und der Obrigkeit gemeldet werden. Die Dorfmeister sollen ferner mit Stroh anzeichnen, welches Feld gemäht werden soll – auf dieses Feld dürfe dann auch kein Vieh mehr getrieben werden. Lücken in Zäunen, die zur Aus- und Einfahrt „aufgerissen und -gebrochen“ werden, müssen wieder geschlossen werden. Gänse dürfen nur auf schlechte Weiden getrieben werden. Geregelt wird außerdem das Zusammenrechen von Laub, das als Streu für die Ställe genutzt wurde, oder das Fischen, Stein- und Holzklauben. Interessant ist auch die Einführung eines „aigenen trüchel“, einer Art Gemeinschaftskassa für die Auslagen, die entstehen, wenn die kaiserlichen und landesfürstlichen Soldaten durchziehen und rasten – ein Umstand, unter dem Wörgl aufgrund seiner verkehrsgeographischen Lage an der Landstraße und am Inn besonders zu leiden hatte. Abschließend werden sodann noch die Modalitäten der gemeinsamen Verwaltung geregelt. Beschlüsse sollen beispielsweise per Mehrheitsentscheid fallen, wonach sich die Minderheit zu richten habe. Der Wörgler Dorfbrief ist ein schönes Dokument für die Regelung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten im Dorf. Dabei zeigt das Regeln dieser Bereiche – wie auch manche Formulierungen in der Ordnung – dass es offensichtlich in einigen Fällen zu eigenmächtigem Handeln gekommen war, welches nun wieder der Oberaufsicht der Gemeinde in der Person der Dorfmeister unterstellt wird. Deutlich festgeschrieben ist auch der unterschiedliche Status der besitzenden Bauern gegenüber den rechtlich mindergestellten „Söllheuslern“ und „Klaintragern“, so genannte „Kleinhäusler, die beispielsweise für das Weiden ihres Viehs auf der Gemeinweide Entgelt entrichten mussten. |
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) |
Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen | Franz-Heinz Hye, Die Stadtgemeinde Wörgl – Grundzüge ihrer geschichtlichen Entwicklung, in: Josef Zangerl (Hg.), Wörgl, ein Heimatbuch. Wörgl 1998, S. 13-26. |
Datum der Erfassung | 2019-11-30 |
Datum der letzten Bearbeitung | 2020-01-07 |
letzter Bearbeiter | kuf woergl |