Meilensteine Wörgl - Aufhebung der geistlichen Fürstentümer
Gemeinde: Wörgl
Zeitkategorie: --
Chronik:
Die Koalitionskriege in den Jahren um die Jahrhundertwende standen am Anfang einer Neuordnung der politischen Verhältnisse in Europa, die auf den Schlachtfeldern erzwungen und am Verhandlungstisch festgeschrieben wurde: solcherart führten die Friedensschlüsse von Basel (1795), Campo Formio (1797), Rastatt (1798) und Lunéville (1801) zu Grenzverschiebungen und zu Veränderungen der Einflusssphären der Großmächte.
Besonders einschneidend und nachhaltig waren die Friedensvereinbarungen von Campo Formio (17. Oktober 1797), in denen sich Frankreich ausgedehnten Territorialbesitz links des Rheins vertraglich sicherte, den der römisch-deutsche Kaiser Franz II. (1768-1835) großzügig an Napoleon abtrat, obwohl er überhaupt nicht als Kaiser und im Namen des Reichs, sondern als Vertreter Österreichs verhandelte. Für den Verzicht auf österreichische Gebiete erhielt Franz II. Venedig und stimmte darüber hinaus einer künftigen reichsinternen Entschädigung für die von Napoleon annektierten linksrheinischen Gebiete zu. Damit nahm er die zu erwartenden Verluste einer ganzen Reihe von kleineren Reichsständen und vor allem der geistlichen Fürstentümer in Kauf.
Dies bedeutete aber nichts anderes, als dass sich der Kaiser trotz der ihm übertragenen Funktion eines Schutzherren der Kirche im Reich mit dem Prinzip der Säkularisation im Grunde einverstanden erklärte. Die Durchführung dieses Vorhabens sollte auf dem Kongress zu Rastatt (9. Dezember 1797 – 23. April 1799) konkretisiert werden, auf dem ein Ausschuss (Deputation) des Reiches die entsprechenden Modalitäten festlegen sollte.
Diese Arbeiten wurde durch den Ausbruch des zweiten Koalitionskrieges jedoch unterbrochen und erst acht Monate nach dem Frieden von Lunéville (9. Februar 1801) am 2. Oktober 1801 wieder aufgenommen. Der Plan für die Entschädigung der der deutschen Reichsfürsten für ihre linksrheinischen Gebietsverluste lag im Juni 1802 vor und wurde in der letzten Sitzung des sogenannten Immerwährenden Reichstag in Regensburg am 25. Februar 1803 als Reichsgesetz beschlossen.
Dieses Gesetz – der „Reichsdeputationshauptschluss“ – hatte die Säkularisation der geistlichen Fürstentümer (bis auf Mainz) und reichsunmittelbarer Abteien zur Folge, d.h. der Entzug ihrer weltlichen Macht und territorialen Besitzungen sowie die von zahlreichen Klöster und Stiften, die enteignet als geistliche Institutionen aufgehoben wurden. Ähnlich erging es den Reichständen, also den Reichsrittern, den meisten Reichsstädten – außer Augsburg, Nürnberg Frankfurt, Bremen, Hamburg und Lübeck – allen Reichsdörfern sowie Mini-Fürstentümern im Reich, deren Reichsunmittelbarkeit durch die sogenannte Mediatisierung beseitigt und deren Territorium von einem größeren Staat annektiert wurde. Dadurch gewann vor allem Preußen große Gebiete dazu und an Stelle der zahlreichen Reichsstände traten lebens- und bündnisfähige Mittelstaaten (u.a. Baden, Württemberg, Hessen-Darmstadt, Bayern).
Österreich fielen durch den „Reichsdeputationshauptschluss“ die beiden Hochstifte Brixen und Trient in den Schoß, die damit nach fast 800 Jahren ihre staatlichen Souveränitätsrechte verloren. Beide Bischöfe hatten in Zukunft nur mehr kirchliche Aufgaben wahrzunehmen.
Am 6. März 1803 ergriffen kaiserliche Beamte im Namen ihres Herrn offiziell Besitz von Brixen und Trient. Österreich übernahm nicht nur die Hoheitsrechte, sondern auch sämtliche Güter, Einkünfte und Besitzungen der Hochstifte und seiner verschiedenen Institutionen. Die Territorien wurden einverleibt, die fürstbischöflichen Ämter nach einer Übergangszeit aufgelöst, der Großteil der bischöflichen Beamten und Angestellten wurde entlassen oder pensioniert.
Die Eingliederung der geistlichen Fürstentümer erfolgte ohne Schwierigkeiten und Widerstände, das Land wurde territorial abgerundet und seine Verwaltungsstruktur vereinheitlicht – Tirol wurde ein geschlossenes Territorialfürstentum!
Das geistliche Fürstentum Salzburg fand mit dem Reichsdeputationshauptschluss ebenfalls sein Ende, bestand zunächst als selbständiges Kurfürstentum weiter, kam von 1806 bis 1809 unter österreichische, sodann kurzfristig unter französische und von 1810 bis 1816 unter bayerische Herrschaft, bevor es danach endgültig Bestandteil des österreichischen Kaiserstaates wurde.
Beschreibung:
Granitstein
Details
Gemeindename | Wörgl |
Gemeindekennzahl | 70531 |
Ortsübliche Bezeichnung | Meilensteine Wörgl - Aufhebung der geistlichen Fürstentümer |
Objektkategorie | 1200 ( Kulturhistorische Natur- und Steindenkmäler | | ) |
Katastralgemeinde | |
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer | |
Ortschafts- bzw. Ortsteil | |
Straße und Hausnummer bzw. Flurname | Bahnhofsstraße |
Längengrad | |
Breitengrad |
Tirol: denkmalgeschützt | -- |
Höhe (m) | 0.4 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Breite (m) | 0.6 |
gemessen od. geschätzt | gemessen |
Tiefe (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Zustandsklassifizierung | -- |
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös: empfohlene Maßnahmen |
Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) | Granitstein |
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details |
Zeitkategorie | -- |
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) | Die Koalitionskriege in den Jahren um die Jahrhundertwende standen am Anfang einer Neuordnung der politischen Verhältnisse in Europa, die auf den Schlachtfeldern erzwungen und am Verhandlungstisch festgeschrieben wurde: solcherart führten die Friedensschlüsse von Basel (1795), Campo Formio (1797), Rastatt (1798) und Lunéville (1801) zu Grenzverschiebungen und zu Veränderungen der Einflusssphären der Großmächte. Besonders einschneidend und nachhaltig waren die Friedensvereinbarungen von Campo Formio (17. Oktober 1797), in denen sich Frankreich ausgedehnten Territorialbesitz links des Rheins vertraglich sicherte, den der römisch-deutsche Kaiser Franz II. (1768-1835) großzügig an Napoleon abtrat, obwohl er überhaupt nicht als Kaiser und im Namen des Reichs, sondern als Vertreter Österreichs verhandelte. Für den Verzicht auf österreichische Gebiete erhielt Franz II. Venedig und stimmte darüber hinaus einer künftigen reichsinternen Entschädigung für die von Napoleon annektierten linksrheinischen Gebiete zu. Damit nahm er die zu erwartenden Verluste einer ganzen Reihe von kleineren Reichsständen und vor allem der geistlichen Fürstentümer in Kauf. Dies bedeutete aber nichts anderes, als dass sich der Kaiser trotz der ihm übertragenen Funktion eines Schutzherren der Kirche im Reich mit dem Prinzip der Säkularisation im Grunde einverstanden erklärte. Die Durchführung dieses Vorhabens sollte auf dem Kongress zu Rastatt (9. Dezember 1797 – 23. April 1799) konkretisiert werden, auf dem ein Ausschuss (Deputation) des Reiches die entsprechenden Modalitäten festlegen sollte. Diese Arbeiten wurde durch den Ausbruch des zweiten Koalitionskrieges jedoch unterbrochen und erst acht Monate nach dem Frieden von Lunéville (9. Februar 1801) am 2. Oktober 1801 wieder aufgenommen. Der Plan für die Entschädigung der der deutschen Reichsfürsten für ihre linksrheinischen Gebietsverluste lag im Juni 1802 vor und wurde in der letzten Sitzung des sogenannten Immerwährenden Reichstag in Regensburg am 25. Februar 1803 als Reichsgesetz beschlossen. Dieses Gesetz – der „Reichsdeputationshauptschluss“ – hatte die Säkularisation der geistlichen Fürstentümer (bis auf Mainz) und reichsunmittelbarer Abteien zur Folge, d.h. der Entzug ihrer weltlichen Macht und territorialen Besitzungen sowie die von zahlreichen Klöster und Stiften, die enteignet als geistliche Institutionen aufgehoben wurden. Ähnlich erging es den Reichständen, also den Reichsrittern, den meisten Reichsstädten – außer Augsburg, Nürnberg Frankfurt, Bremen, Hamburg und Lübeck – allen Reichsdörfern sowie Mini-Fürstentümern im Reich, deren Reichsunmittelbarkeit durch die sogenannte Mediatisierung beseitigt und deren Territorium von einem größeren Staat annektiert wurde. Dadurch gewann vor allem Preußen große Gebiete dazu und an Stelle der zahlreichen Reichsstände traten lebens- und bündnisfähige Mittelstaaten (u.a. Baden, Württemberg, Hessen-Darmstadt, Bayern). Österreich fielen durch den „Reichsdeputationshauptschluss“ die beiden Hochstifte Brixen und Trient in den Schoß, die damit nach fast 800 Jahren ihre staatlichen Souveränitätsrechte verloren. Beide Bischöfe hatten in Zukunft nur mehr kirchliche Aufgaben wahrzunehmen. Am 6. März 1803 ergriffen kaiserliche Beamte im Namen ihres Herrn offiziell Besitz von Brixen und Trient. Österreich übernahm nicht nur die Hoheitsrechte, sondern auch sämtliche Güter, Einkünfte und Besitzungen der Hochstifte und seiner verschiedenen Institutionen. Die Territorien wurden einverleibt, die fürstbischöflichen Ämter nach einer Übergangszeit aufgelöst, der Großteil der bischöflichen Beamten und Angestellten wurde entlassen oder pensioniert. Die Eingliederung der geistlichen Fürstentümer erfolgte ohne Schwierigkeiten und Widerstände, das Land wurde territorial abgerundet und seine Verwaltungsstruktur vereinheitlicht – Tirol wurde ein geschlossenes Territorialfürstentum! Das geistliche Fürstentum Salzburg fand mit dem Reichsdeputationshauptschluss ebenfalls sein Ende, bestand zunächst als selbständiges Kurfürstentum weiter, kam von 1806 bis 1809 unter österreichische, sodann kurzfristig unter französische und von 1810 bis 1816 unter bayerische Herrschaft, bevor es danach endgültig Bestandteil des österreichischen Kaiserstaates wurde. |
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) |
Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen | Georg Mühlberger, Absolutismus und Freiheitskämpfe (1665-1814), in: Josef Fontana u.a. (Hg.), Geschichte des Landes Tirol, Bd. 2: Die Zeit von 1490 bis 1848, Bozen/Innsbruck-Wien 19982, S. 289-579, v.a. S. 494-497; Josef Gelmi, Geschichte der Kirche in Tirol. Nord-, Ost- und Südtirol, Innsbruck-Wien/Bozen 2001, S. 243-245. |
Datum der Erfassung | 2019-11-30 |
Datum der letzten Bearbeitung | 2020-01-07 |
letzter Bearbeiter | kuf woergl |