Martinskapelle in Unternberg

Religiöse KleindenkmälerKapellen und GrottenKapellen

Gemeinde: Purgstall an der Erlauf

Zeitkategorie: 13. Jahrhundert

Chronik:

Südlich des Hauses Unternberg 2, vulgo „Wiesbauer“, steht im Wald auf einem kleinen Plateau die Martinskapelle an jener Stelle, wo sich früher die „Mertenkirche“ befand.
Über diese ehemalige Kirche wurde schon viel geschrieben und so manche Sage erzählt.
Benefiziat Coelestin Schachinger befasste sich im Buch „Geschichte des Marktes Purgstall a. d. Erlauf“ ausführlich mit dieser Kirche.
Schachinger schreibt: „Die Sankt Martinskirche in Unternberg, im Volksmund allgemein als „Mertenkirche“ genannt, dürfte schon im 10. Jahrhundert, und zwar als Holzbau entstanden sein. Im Laufe des 12. Jahrhunderts wurde sie durch einen Steinbau ersetzt. Diese neuere Kirche war im romanischen Stil erbaut und hatte drei Altäre.
Der hl. Martin war damals bei dem Volk hochverehrt als Patron der Nächstenliebe und des Almosengebens. Aus diesem Grunde bildete das Kirchlein einen gerne besuchten Wallfahrtsort für die in der Umgebung wohnenden Gläubigen. Sie wurde aber auch von den aus der Ferne kommenden Mariazeller-Pilgern, die ihr Weg über Purgstall führte, viel besucht. Damals ging noch ein Straßenzug gegen die Hochrießer Furt an dem Kirchlein vorbei und von demselben zweigte ein Fußsteig ab, der direkt zu dem Gotteshause empor führte.
Das Patronat über die Mertenkirche übten um das Jahr 1400 die Herren von Matzleinsdorf aus. Diese mögen auch die Erbauer derselben gewesen sein. Die Kirche war gut bestiftet. Es gehörten dazu die Zehente von 12 Bauernhäusern der Umgebung des Stephansberg.
Jährlich am 1. Mai zog von der Pfarrkirche in Purgstall eine Prozession zu diesem Kirchlein, begleitet vom Pfarrer, der dort Predigt und Hochamt hielt.
Infolge des Wallfahrtsverbotes Kaiser Josef II. verlor das Kirchlein auch seine letzte Einnahmsquelle – die Opferkreuzer – und die damals lebende Generation hatte kein Interesse für Baudenkmale. Da kein Fonds zur Erhaltung der Kirche vorhanden war und sie auch in seelsorglicher Beziehung keinen Zweck erfüllte, weil Gottesdienst nur in Pfarrkirchen gehalten werden durfte, verfiel die Kirche der Sperrung; sie wurde ihres Charakters als Gotteshaus entkleidet und damit gleichsam für vogelfrei erklärt. Die Kirchenverwaltung von Purgstall bewarb sich deshalb beim Kreisamte St. Pölten um Überlassung des Steinmateriales, das man zur Herstellung der Mauer des neu angelegten Friedhofes auf dem Steinfelde benötigte; diese Bitte wurde durch Dekret vom 4. März 1784 gewährt. Von jetzt ab wurden die Einrichtungsgegenstände des Kirchleins rasch in die Umgebung verschleppt.“
Nachdem von der „Mertenkirche“ außer einigen Steinresten nichts mehr zu sehen war, erinnerte ein Bildbaum an diese Kirche. Ein Kästchen mit einem Marienbild (Druck unter Glas), das an einer Föhre hing, wies auf diese ehemalige Kirche hin.
In den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts hatte die Familie Henikl den Wunsch, anstelle der früheren „Mertenkirche“ eine Kapelle zu errichten. Pfarrer Othmar Burker war gegen diesen Bau und so dauerte es bis Ende der Achtzigerjahre, bis dieser Wunsch in die Realität umgesetzt werden konnte. Am 2. Mai 1988 fand eine Besprechung der Initiatoren an Ort und Stelle statt, um eine Kapelle nach dem Entwurf und Plan von Hofrat Architekt Wilhelm Zotti errichten zu können. An dieser Besprechung nahm auch der Heimatforscher Herbert Anton Pöchhacker aus Scheibbs teil. Er gewann den Eindruck, dass die Leute im wesentlichen nur am Neubau und weniger an der Freilegung alter Fundamente interessiert waren.
Nur Pfarrer Wilfried Kreuth sprach sich dafür aus, mögliches Altmauerwerk zu konservieren und in den Kapellenneubau einzubeziehen. Pöchhacker, dem die Freilegung der alten Fundamente sowie deren Erforschung und Bestimmung ein großes Anliegen waren, wandte sich mit einem Schreiben an das Bundesdenkmalamt. Das Bundesdenkmalamt konnte zu dieser Zeit keine archäologische Untersuchung durchführen und die Initiatoren des Kapellenbaues drängten immer mehr auf einen raschen Baubeginn. Um endlich geeignete Informationen über diese Kirche zu bekommen, entschlossen sich Herbert Anton Pöchhacker und der Purgstaller Heimatforscher Franz Ressl eine „Notgrabung“ durchzuführen. Bei dieser „Notgrabung“ konnten die Forscher ein Segment eines gotischen Torbogens, Teile des Fußbodens sowie die offenbare Gruft freilegen.
Auf Grund dieser „Notgrabung“ und einer Geländebegehung am 22. November 1988 durch das Bundesdenkmalamt, wurde beschlossen, im Frühjahr 1989 eine archäologische Untersuchung durchzuführen. Im April 1989 fand die archäologische Untersuchung von Seiten des Bundesdenkmalamtes durch Grabungsleiter Gustav Melzer statt. Ihm zur Seite standen unter anderem der Purgstaller und spätere Prof. Franz Ressl, der Scheibbser Herbert Anton Pöchhacker, Klaus Wolfram aus Scheibbs und der Grundbesitzer Josef Henikl.
Vorrangiges Ziel war die Feststellung des ehemaligen Altarfundamentes, da der neue Altar an derselben Stelle errichtet werden sollte. Weiters sollte die Größe der ehemaligen Mertenkirche festgestellt werden, um die neue, vier mal sechs Meter große Kapelle innerhalb der Fundamente der Vorgängerkirche einzubauen.
Begonnen wurde mit dem Neubau der Martinskapelle im Jahr 1992. Durch den Brand des Wirtschaftsgebäudes der Familie Henikl wurde der Kapellenbau unterbrochen und konnte erst 1994 fertiggestellt werden.
Am 23. Mai 1994 fand die Segnung der neuerbauten Kapelle in Unternberg statt.
Im Inneren befinden sich ein Bild vom Heiligen Martin, gemalt von Herrn Scholler aus Petzenkirchen, sowie zwei Engel, die Frau Leopoldine Teufel, Kroißenberg 6, geschnitzt hat.
Jedes Jahr findet am ersten Sonntag in den Monaten Juni und August ein Rosenkranzgebet bei der Martinskapelle statt.

Beschreibung:

Details

Gemeindename Purgstall an der Erlauf
Gemeindekennzahl 32008
Ortsübliche Bezeichnung Martinskapelle in Unternberg
Objektkategorie 1512 ( Religiöse Kleindenkmäler | Kapellen und Grotten | Kapellen)

Katastralgemeinde Hochrieß -- GEM Purgstall an der Erlauf
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer
Ortschafts- bzw. Ortsteil 3251 Unternberg
Straße und Hausnummer bzw. Flurname Unternberg 2
Längengrad 15.153231
Breitengrad 48.085705

denkmalgeschützt nicht geschuetzt

Höhe (m)
gemessen od. geschätzt --
Breite (m) 3.6
gemessen od. geschätzt gemessen
Tiefe (m) 3.6
gemessen od. geschätzt gemessen

Zustandsklassifizierung sehr gut
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös:
empfohlene Maßnahmen

Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik)
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details

Zeitkategorie 13. Jahrhundert
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) Südlich des Hauses Unternberg 2, vulgo „Wiesbauer“, steht im Wald auf einem kleinen Plateau die Martinskapelle an jener Stelle, wo sich früher die „Mertenkirche“ befand.
Über diese ehemalige Kirche wurde schon viel geschrieben und so manche Sage erzählt.
Benefiziat Coelestin Schachinger befasste sich im Buch „Geschichte des Marktes Purgstall a. d. Erlauf“ ausführlich mit dieser Kirche.
Schachinger schreibt: „Die Sankt Martinskirche in Unternberg, im Volksmund allgemein als „Mertenkirche“ genannt, dürfte schon im 10. Jahrhundert, und zwar als Holzbau entstanden sein. Im Laufe des 12. Jahrhunderts wurde sie durch einen Steinbau ersetzt. Diese neuere Kirche war im romanischen Stil erbaut und hatte drei Altäre.
Der hl. Martin war damals bei dem Volk hochverehrt als Patron der Nächstenliebe und des Almosengebens. Aus diesem Grunde bildete das Kirchlein einen gerne besuchten Wallfahrtsort für die in der Umgebung wohnenden Gläubigen. Sie wurde aber auch von den aus der Ferne kommenden Mariazeller-Pilgern, die ihr Weg über Purgstall führte, viel besucht. Damals ging noch ein Straßenzug gegen die Hochrießer Furt an dem Kirchlein vorbei und von demselben zweigte ein Fußsteig ab, der direkt zu dem Gotteshause empor führte.
Das Patronat über die Mertenkirche übten um das Jahr 1400 die Herren von Matzleinsdorf aus. Diese mögen auch die Erbauer derselben gewesen sein. Die Kirche war gut bestiftet. Es gehörten dazu die Zehente von 12 Bauernhäusern der Umgebung des Stephansberg.
Jährlich am 1. Mai zog von der Pfarrkirche in Purgstall eine Prozession zu diesem Kirchlein, begleitet vom Pfarrer, der dort Predigt und Hochamt hielt.
Infolge des Wallfahrtsverbotes Kaiser Josef II. verlor das Kirchlein auch seine letzte Einnahmsquelle – die Opferkreuzer – und die damals lebende Generation hatte kein Interesse für Baudenkmale. Da kein Fonds zur Erhaltung der Kirche vorhanden war und sie auch in seelsorglicher Beziehung keinen Zweck erfüllte, weil Gottesdienst nur in Pfarrkirchen gehalten werden durfte, verfiel die Kirche der Sperrung; sie wurde ihres Charakters als Gotteshaus entkleidet und damit gleichsam für vogelfrei erklärt. Die Kirchenverwaltung von Purgstall bewarb sich deshalb beim Kreisamte St. Pölten um Überlassung des Steinmateriales, das man zur Herstellung der Mauer des neu angelegten Friedhofes auf dem Steinfelde benötigte; diese Bitte wurde durch Dekret vom 4. März 1784 gewährt. Von jetzt ab wurden die Einrichtungsgegenstände des Kirchleins rasch in die Umgebung verschleppt.“
Nachdem von der „Mertenkirche“ außer einigen Steinresten nichts mehr zu sehen war, erinnerte ein Bildbaum an diese Kirche. Ein Kästchen mit einem Marienbild (Druck unter Glas), das an einer Föhre hing, wies auf diese ehemalige Kirche hin.
In den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts hatte die Familie Henikl den Wunsch, anstelle der früheren „Mertenkirche“ eine Kapelle zu errichten. Pfarrer Othmar Burker war gegen diesen Bau und so dauerte es bis Ende der Achtzigerjahre, bis dieser Wunsch in die Realität umgesetzt werden konnte. Am 2. Mai 1988 fand eine Besprechung der Initiatoren an Ort und Stelle statt, um eine Kapelle nach dem Entwurf und Plan von Hofrat Architekt Wilhelm Zotti errichten zu können. An dieser Besprechung nahm auch der Heimatforscher Herbert Anton Pöchhacker aus Scheibbs teil. Er gewann den Eindruck, dass die Leute im wesentlichen nur am Neubau und weniger an der Freilegung alter Fundamente interessiert waren.
Nur Pfarrer Wilfried Kreuth sprach sich dafür aus, mögliches Altmauerwerk zu konservieren und in den Kapellenneubau einzubeziehen. Pöchhacker, dem die Freilegung der alten Fundamente sowie deren Erforschung und Bestimmung ein großes Anliegen waren, wandte sich mit einem Schreiben an das Bundesdenkmalamt. Das Bundesdenkmalamt konnte zu dieser Zeit keine archäologische Untersuchung durchführen und die Initiatoren des Kapellenbaues drängten immer mehr auf einen raschen Baubeginn. Um endlich geeignete Informationen über diese Kirche zu bekommen, entschlossen sich Herbert Anton Pöchhacker und der Purgstaller Heimatforscher Franz Ressl eine „Notgrabung“ durchzuführen. Bei dieser „Notgrabung“ konnten die Forscher ein Segment eines gotischen Torbogens, Teile des Fußbodens sowie die offenbare Gruft freilegen.
Auf Grund dieser „Notgrabung“ und einer Geländebegehung am 22. November 1988 durch das Bundesdenkmalamt, wurde beschlossen, im Frühjahr 1989 eine archäologische Untersuchung durchzuführen. Im April 1989 fand die archäologische Untersuchung von Seiten des Bundesdenkmalamtes durch Grabungsleiter Gustav Melzer statt. Ihm zur Seite standen unter anderem der Purgstaller und spätere Prof. Franz Ressl, der Scheibbser Herbert Anton Pöchhacker, Klaus Wolfram aus Scheibbs und der Grundbesitzer Josef Henikl.
Vorrangiges Ziel war die Feststellung des ehemaligen Altarfundamentes, da der neue Altar an derselben Stelle errichtet werden sollte. Weiters sollte die Größe der ehemaligen Mertenkirche festgestellt werden, um die neue, vier mal sechs Meter große Kapelle innerhalb der Fundamente der Vorgängerkirche einzubauen.
Begonnen wurde mit dem Neubau der Martinskapelle im Jahr 1992. Durch den Brand des Wirtschaftsgebäudes der Familie Henikl wurde der Kapellenbau unterbrochen und konnte erst 1994 fertiggestellt werden.
Am 23. Mai 1994 fand die Segnung der neuerbauten Kapelle in Unternberg statt.
Im Inneren befinden sich ein Bild vom Heiligen Martin, gemalt von Herrn Scholler aus Petzenkirchen, sowie zwei Engel, die Frau Leopoldine Teufel, Kroißenberg 6, geschnitzt hat.
Jedes Jahr findet am ersten Sonntag in den Monaten Juni und August ein Rosenkranzgebet bei der Martinskapelle statt.
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) Dem Grabungsbericht ist zu entnehmen:
„Bei der ehemaligen Mertenkirche (St. Martinskirche) in Unternberg handelt es sich um einen Kapellenbau des frühen 13. Jahrhunderts, der im 15. Jahrhundert eine Erweiterung nach Westen (Saal) und Norden (Turm) erfuhr. Beide Bauten ergeben eine 15,50 m lange und 6,30 m – 8,30 m breite Kirche mit drei Altären und einen
Nordturm.
Diesem Turm, obwohl eher kleinräumig, Innenmaße 2,50 m x 2,40 m, kann man einen wehrhaften Charakter nicht absprechen, Außenmaße 4,80 m x 4,80 m. Er könnte als Signalstation gedient haben, der den Pilgerweg überwachte.
Ein Zusammenhang mit den jungsteinzeitlichen, römischen und frühmittelalterlichen Funden unterhalb der Kirche konnte nicht nachgewiesen werden. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es sich hier um eine uralte Kultstätte handeln könnte (Quell-, Stein- oder Baumkult), die vom Christentum weitergeführt wurde. Der Pilgerweg ist mit Sicherheit auf einen alten, nord – süd verlaufenden Steigzurückzuführen, der sogar bis in die Jungsteinzeit reichen könnte.
Zahlreiche jungsteinzeitliche Fundstellen entlang der Erlauf und auf den Höhen um Scheibbs könnten darauf hinweisen.“

Martinskapelle in Unternberg
2016
Franz Wiesenhofer

Martinskapelle in Unternberg
2016
Franz Wiesenhofer

Martinskapelle in Unternberg
2005
Franz Wiesenhofer

Martinskapelle in Unternberg - Innen
2005
Franz Wiesenhofer

Martinskapelle in Unternberg - Lage
2004
Franz Wiesenhofer

Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen Wiesenhofer, Franz u. Wiesenhofer, Hildegard: Purgstall - Religiöse Kleindenkmäler. Purgstall 2005.

Michaela Wiesenhofer
Datum der Erfassung 2016-04-07
Datum der letzten Bearbeitung 2019-01-29
letzter Bearbeiter Angelika Ficenc

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