Kapelle - Groß-Reipersdorf

Religiöse KleindenkmälerKapellen und GrottenKapellen

Gemeinde: Pulkau

Zeitkategorie: 18. Jahrhundert, 2. Hälfte

Chronik:

Beschreibung:

Im oberen Teil (Obererdl) des Angerdorfes Groß-Reipersdorf steht neben dem Thalerbach die Kapelle. Mit der Apsis im Osten und dem Zwiebelturm im Westen ist sie im neuromanisch-gotischen Stil im Jahre 1857 erbaut worden. Hohe, schlanke Fenster, oben abgerundet und außen mit steinernen Rahmen, die im Kapellenschiff auch mit Mittelsäulen versehen sind, verziert, erhellen den Innenraum und die schön bemalte Flachdecke.
Die Kapelle ist der Maria Himmelfahrt (15. August) geweiht. Der Tabernakel steht in der Mitte eines kunstvoll verzierten Altaraufbaues. Darüber befindet sich ein Marien-Gnadenbild, obenauf von einem „Auge Gottes“ umstrahlt. Zu diesem Aufbau ist noch ein weiterer, fast bis zur Decke reichender, errichtet worden. Dieser trägt das Hauptaltarbild. Es zeigt die Aufnahme der Muttergottes in den Himmel und zugleich auch ihre Krönung als Himmelskönigin durch Gottvater, Sohn und den Heiligen Geist. Der Aufbau ist nach links und rechts in etwa in der Höhe des Gnadenbildes bis zu den Seitenwänden erweitert und mit eingangsartigen Öffnungen, die durch Vorhänge abgedeckt sind, versehen worden. Über diesen Öffnungen befindet sich je eine steinerne Ziervase mit Goldblumen.

Details

Gemeindename Pulkau
Gemeindekennzahl 31035
Ortsübliche Bezeichnung Kapelle - Groß-Reipersdorf
Objektkategorie 1512 ( Religiöse Kleindenkmäler | Kapellen und Grotten | Kapellen)

Katastralgemeinde
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer
Ortschafts- bzw. Ortsteil 3741 Groß-Reipersdorf
Straße und Hausnummer bzw. Flurname Groß-Reipersdorf 18
Längengrad 15.850021
Breitengrad 48.69971

denkmalgeschützt geschuetzt

Höhe (m)
gemessen od. geschätzt --
Breite (m)
gemessen od. geschätzt --
Tiefe (m)
gemessen od. geschätzt --

Zustandsklassifizierung sehr gut
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös:
empfohlene Maßnahmen

Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) Im oberen Teil (Obererdl) des Angerdorfes Groß-Reipersdorf steht neben dem Thalerbach die Kapelle. Mit der Apsis im Osten und dem Zwiebelturm im Westen ist sie im neuromanisch-gotischen Stil im Jahre 1857 erbaut worden. Hohe, schlanke Fenster, oben abgerundet und außen mit steinernen Rahmen, die im Kapellenschiff auch mit Mittelsäulen versehen sind, verziert, erhellen den Innenraum und die schön bemalte Flachdecke.
Die Kapelle ist der Maria Himmelfahrt (15. August) geweiht. Der Tabernakel steht in der Mitte eines kunstvoll verzierten Altaraufbaues. Darüber befindet sich ein Marien-Gnadenbild, obenauf von einem „Auge Gottes“ umstrahlt. Zu diesem Aufbau ist noch ein weiterer, fast bis zur Decke reichender, errichtet worden. Dieser trägt das Hauptaltarbild. Es zeigt die Aufnahme der Muttergottes in den Himmel und zugleich auch ihre Krönung als Himmelskönigin durch Gottvater, Sohn und den Heiligen Geist. Der Aufbau ist nach links und rechts in etwa in der Höhe des Gnadenbildes bis zu den Seitenwänden erweitert und mit eingangsartigen Öffnungen, die durch Vorhänge abgedeckt sind, versehen worden. Über diesen Öffnungen befindet sich je eine steinerne Ziervase mit Goldblumen.
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details Die Decke der Kapelle ist himmelblau gefärbt und mit Goldsternen übersät. In der Apsisdecke zeigt sich ein Dreieck mit dem „Auge Gottes“ umgeben von Sternen. Knapp vor der Apsis befinden sich links und rechts die Statuen von Jesus und Maria. Beide Persönlichkeiten schmücken auch in Form von Bildern die Seitenwände des Hauptschiffes. Im rückwärtigen Teil des Hauptschiffes auf der linken Seite hat die Marienstatue aus der Zellermarter ihren Platz gefunden. Sie wurde - wie schon erwähnt - hierher gebracht, um sie vor Dieben zu schützen.
Zur Geschichte dieses Bauwerkes:
Es kann angenommen werden, dass ein Glockenstuhl Vorläufer dieser Kapelle war. Groß-Reipersdorf war seit 1292 zum größten Teil im Besitz des Frauenklosters Imbach, welches viele Impulse zur Steigerung des religiösen Lebens setzte. Urkundlich ist bekannt, dass im Jahre 1757 die Gemeinde und die Verwaltung des Klosters den Schottenabt Robert gebeten haben, die Errichtung eines Bethauses zu genehmigen. Im Turm sollte die schon einige Jahre vorhandene, geweihte Glocke aufgehängt werden. Am 24. 5. 1763 wurde die Erlaubnis erteilt, wobei von dem Ortsrichter und den Geschworenen sogar ein Revers unterschrieben werden musste. Es ging um die Naturaleinkünfte des Schulmeisters von Pulkau, der zugleich Mesner und Chorleiter war. Diesem dürfe diesbezüglich keine Schmälerung entstehen.
Das religiöse Leben war zu dieser Zeit sehr bewegt. Im Jahre 1742 wurde nach Aufhängung eines Kupferstichbildes – Verabschiedung Jesu von seiner Mutter – auf einem Albenbaume Groß-Reipersdorf sogar zum Wallfahrtsort für viele, die Trost suchten. Um das Bild musste eine Holzkapelle zur Unterbringung von Votivgaben errichtet werden. 1746 jedoch verbot das Konsistorium die dort immer häufiger abgehaltenen Andachten. Das Bild musste abgenommen und das Bretterhaus entfernt werden.
Fast 100 Jahre mussten sich die Groß-Reipersdorfer mit dem „Glockenhäuschen“ begnügen. Im Jahre 1856 jedoch beschloss die Gemeinde anstatt des Bethauses eine richtige Kapelle zu erbauen. Den Baugrund hierfür stiftete die Familie Schifter (Haus Nr. 42). Das nötige Kapital sollte durch eine Spendenaktion aufgebracht werden. Am 24. Februar 1856 begann der Bürgermeister mit der Sammlung, welche eine Summe von 1710 Forint (Gulden) erbrachte. Bereits am 22. Mai (Pfingstmontag) wurde der Grundstein feierlich durch den Pfarrer von Pulkau gelegt. Am 24. August weihte Dechant Carlmann Sterlicke von Zellerndorf das Turmkreuz ein. Aufgezogen wurde es von kräftigen Groß-Reipersdorfern. Die Weihe der neuen Glocken erfolgte am 11. März 1857 im Schottenstift. Das Dekret des Konsistoriums für die Messlizenz erhielt die Kapelle am 19. Mai. Nach der feierlichen Einweihung des Gotteshauses am 21. Juni 1857 durch Abt Sigismund wurde dort das erste heilige Messopfer dargebracht.
Über den Bau der Kapelle ist in der Pfarrchronik Folgendes zu lesen:
„Das größte Verdienst um diesen Bau hat Herr Josef Jordan, Gastwirt und Holzhändler in Reipersdorf, der durch Verabfolgung des nöthigen Bauholzes, durch reichliche Spende und endlich Darleihe des Nöthigen den Bau möglich gemacht hat, zu welchem aber auch alle Gemeindemitglieder nach Kräften beitrugen.“
Der ganze Bau der Kapelle kostete 3057 Gulden und 26 Kreuzer. Davon spendeten Josef Jordan 900, sein Sohn Carl (Haus Nr. 12) 500, Jakob Schönauer 100, Paul Friedl 40, Franz Frank, Georg Widhalm und Geist Lorenz je 20 Gulden. Somit war bereits mehr als die Hälfte der Gesamtkosten aufgebracht worden. Der Rest wurde in der übrigen Bevölkerung von Groß-Reipersdorf gesammelt.
Das große Altarbild spendeten am 20. Juni 1886 die Gebrüder Ignatz, Gustav und Josef Mayer zum Gedenken an ihren verstorbenen Vater Georg Mayer aus Groß-Reipersdorf. Der Name Mayer (Mair, Moar) kann in den Taufbüchern im Pfarrarchiv bis ins 16. Jh. zurück verfolgt werden. Sie bewohnten abwechselnd die Häuser mit den Nummern 2, 6, 7, 10, 24, 32, 35, 36, 38, 39 48, 51, 54, 56 und 59. Sie heirateten nach Pulkau, wo sie Schulmeister waren und verschiedene Gewerbeberufe (Tuchhändler, Gastwirte, Bäckermeister) ausübten. Von da aus wanderten ihre Söhne nach Wien, Budapest, Triest und Linz und wurden dort Inhaber von Handelshäusern. In Wien gab es die Firma Mayer und Schranz, heute bekannt unter dem Namen Hutter und Schranz. Schranz (=Schranzhofer) war ebenfalls ein Pulkauer Handelsmann, durch Heirat kam es zu einer Fusion der oben erwähnten Firmen. Sie waren Eigentümer eines Handelshauses auf der Kärntnerstraße, und ihnen gehörte auch das Haus „Stock im Eisen“. Ignaz Mayer wurde in Linz Schiffsmeister und war Gründer der ersten Schiffswerft in dieser Stadt. 252 eiserne Schiffe wurden dort gebaut und fuhren die Donau auf und ab. Der Ökonom Karl Mayer war Hauptredakteur des Blattes „Österreichische Zeitschrift für den Landwirt, Forstmann und Gärtner.“ Er wurde später Wirtschaftsrat in der Schwarzenbergischen Hofkanzlei. Diese hatte zB 650 ha Wald im Besitz der Schwarzenberger nebst anderen Besitzungen zu verwalten.
Wer die Spender der zwei großen Bilder an den Seitenwänden (Jesu und Maria) waren, konnte noch nicht eruiert werden. Jedenfalls sind es wertvolle Kopien. Die Mariendarstellung ist ein Abbild der weltberühmten Dresdner Madonna von Rafael Santi.
Die Statuen von Jesus und Maria spendeten Franz und Julia Jordan im Jahre 1930. Umgeben von Weinstöcken wurden die beiden Skulpturen am 15. August desselben Jahres feierlich geweiht. Maria mit ausgestreckter Hand, auf der linken Seitenwand rückwärts aufgestellt, ist eine schöne barocke Madonna. Sie schmückte früher das Mariazeller-Marterl beim Hungerfeld und wies den Wallfahrern den Weg. Wegen Diebstahlsgefahr wurde sie – wie schon erwähnt – in der Kapelle untergebracht.
Die Kreuzwegbilder an den Seitenwänden sind eine Leihgabe einer Wiener Pfarre, vermittelt durch Leopold Hochreiner. Das Marienbild im Vorraum der Kapelle unter dem Turm ist eine Gabe der Familie Hofbauer. An der Wand gegenüber ist ein Herrgottskreuz angebracht.
Die Kapelle wurde seit ihrem Bestehen einige Male restauriert. Im Jahre 1976 wurden alle Fenster erneuert. Die Kosten wurden von Spendern getragen, die auf ihnen namentlich verewigt sind.
Der Innenraum der Kapelle erlitt am 8. Mai 1962 anlässlich einer Hochwasserkatastrophe schwere Schäden, deren Beseitigung Monate dauerte. Der letzte Außenputz und der Anstrich des Zwiebelturmes sind im Milleniumsjahr 2000 durch die Männer der örtlichen Feuerwehr und durch sonstige Helfer kostenlos und auch vorbildlich durchgeführt worden. Dieselbe Mannschaft färbelte 2002 die Außenmauer. Im Jahr 2003 erfolgte durch Malermeister Alexander Hutecek die Innenrenovierung. Wie neu steht es da - das Gotteshaus! Mit dieser Dokumentation soll im Namen der ganzen Bevölkerung von Groß-Reipersdorf all jenen der Dank ausgesprochen werden, die an der Erhaltung dieser heiligen Stätte sowie der übrigen Flurdenkmäler mitgewirkt haben. Sie folgten unwillkürlich dem ein wenig abgewandelten Spruch Goethes:
Was Du ererbt hast von Deinen Vätern,
„erhalte es“, um es zu besitzen!

Zeitkategorie 18. Jahrhundert, 2. Hälfte
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen)
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher)

2004
Christoph Puschnik

Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen Puschnik Alois, Gottes Steine - Pulkauer Kleindenkmäler S.62, Groß-Reipersdorf 2004

Norbert Redl
Datum der Erfassung 2016-02-29
Datum der letzten Bearbeitung 2016-02-29
letzter Bearbeiter Norbert Redl

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