KREUZIGUNGSGRUPPE auf dem Friedhof
Freiplastikenreligiöse FreiplastikenGruppendarstellungen
Gemeinde: Pulkau
Zeitkategorie: 18. Jahrhundert
Chronik:
Beschreibung:
Unter den Grabdenkmälern an der Kirchenmauer ragt eine monumentale Kreuzigungsgruppe bestehend aus 3 Kreuzen besonders hervor. Sie stammt aus dem 1. Viertel des 18. Jahrhunderts.
In der Mitte Jesus am Kreuz, als steinerner Christus dargestellt, darunter die das Kreuz umfassende, weinende Maria Magdalena . Daneben auf dem Kreuzsockel sieht man einen Totenkopf, auf dem obersten Teil des Kreuzes die Inschrift INRI. Auf der linken Seite - vom Beschauer aus gesehen - der gekreuzigte Dismas, den Kopf zu Jesus gewendet, auf der anderen Seite der nicht bekehrte Gesmas. Beide Räuber wurden nicht ans Kreuz genagelt sondern angebunden.
Details
Gemeindename | Pulkau |
Gemeindekennzahl | 31035 |
Ortsübliche Bezeichnung | KREUZIGUNGSGRUPPE auf dem Friedhof |
Objektkategorie | 1715 ( Freiplastiken | religiöse Freiplastiken | Gruppendarstellungen ) |
Katastralgemeinde | Pulkau -- GEM Pulkau |
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer | |
Ortschafts- bzw. Ortsteil | |
Straße und Hausnummer bzw. Flurname | Friedhof |
Längengrad | 15.86049 |
Breitengrad | 48.70814 |
denkmalgeschützt | geschuetzt |
Höhe (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Breite (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Tiefe (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Zustandsklassifizierung | gut |
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös: empfohlene Maßnahmen |
Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) | Unter den Grabdenkmälern an der Kirchenmauer ragt eine monumentale Kreuzigungsgruppe bestehend aus 3 Kreuzen besonders hervor. Sie stammt aus dem 1. Viertel des 18. Jahrhunderts. In der Mitte Jesus am Kreuz, als steinerner Christus dargestellt, darunter die das Kreuz umfassende, weinende Maria Magdalena . Daneben auf dem Kreuzsockel sieht man einen Totenkopf, auf dem obersten Teil des Kreuzes die Inschrift INRI. Auf der linken Seite - vom Beschauer aus gesehen - der gekreuzigte Dismas, den Kopf zu Jesus gewendet, auf der anderen Seite der nicht bekehrte Gesmas. Beide Räuber wurden nicht ans Kreuz genagelt sondern angebunden. |
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details | Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Jesus und Dismas im barocken Stil kraftvoll und monumental dastehen, Gesmas jedoch, abgeschlagen und mit von Jesus abgewandtem Kopf, den Eindruck erweckt, als ob er schon lange nicht mehr einer Renovierung unterzogen worden wäre. Im Dehio 1990 (Kulturführer) stand sogar geschrieben, dass an diesem Kreuz eine Modernisierung vorgenommen wurde. Wie die jüngsten Forschungen ergaben, verdankt Gesmas sein Aussehen einem Volksbrauch aus uralter Zeit. Steinigen war bei den alten Juden und Griechen eine übliche Todesstrafe. Im alten Rom warf man Steine auf jene Tempel, deren Götter nicht geholfen haben. In Italien ist es noch im 20. Jh. Brauch gewesen, Denkmäler von Schutzheiligen, die ihre Hilfe versagt haben, wütend mit Steinen zu bewerfen. So wurde in Pulkau Gesmas wegen seiner ablehnenden Haltung Jesus gegenüber, besonders in der Zeit der Gegenreformation, mit Steinen beworfen. Diesen Brauch konnte man noch bis in die Zeit des letzten Weltkrieges beobachten. Herr Krottendorfer erinnert sich an eine Erzählung seines Onkels, nach der nach dem 1. Weltkrieg in der Karwoche das „Stoaschiaßn“ bei der Jugend ein beliebter Brauch war. Später wurde Gesmas nicht mehr beworfen, man hinterlegte einfach die mitgebrachten Steine im Gras unter der Kreuzigungsgruppe. Nach Zeugenaussagen musste der Totengräber im Jahr 1944 die noch dort liegenden Steine in eine Schiebetruhe sammeln und wegführen. Man kann sich leicht vorstellen, dass der damalige Friedhofswärter Gaugitsch dabei nicht wenig schimpfte. Ähnliche Beispiele findet man in Maria Schutz am Semmering, wo sich bei der Schanzkapelle ein Steinhaufen befindet und in Sigmundsberg bei Mariazell türmt sich ein Steinhaufen hinter der Kirche. Diese Steine wurden von Wallfahrern dort hinterlegt. Ein weiterer Volksbrauch hat ebenfalls seine Spuren am steinernen Kreuz in Pulkau hinterlassen. Wenn man den „Stamm“ des Kreuzes genauer betrachtet, so kann man darauf Vertiefungen (Schabungen) bemerken. Diese sind keine Verwitterungsspuren, sondern von Menschenhand herbeigeführt. Sie sind entstanden, als man einem uralten Brauch folgend aus einem Stein „Schalen“ ausgerieben hat, um Steinmehl zu gewinnen. Dieses wurde in der vorchristlichen Zeit von Frauen mit Wasser oder Wein gemischt in der Hoffnung eingenommen, dadurch viele Kinder zu bekommen (Fruchtbarkeitskult wegen hoher Kindersterblichkeit). In der christlichen Zeit wurde es von Mann und Frau als Arzneimittel zur Krankheitsvorbeugung oder zur Bekämpfung bereits vorhandener Leiden verwendet (Spurenelement?). Auffällig ist aber der Umstand, dass dieses Steinmehl nur von bestimmten Steinen an sakralen Orten gewonnen wurde. In unserem Fall rieb man es nicht aus dem Kreuz des Herrn und auch nicht aus dem des bekehrten Räubers, sondern aus dem des Nichtbekehrten, das heißt des bösen Schächers. Damals wie heute wurden und werden bösartige Krankheiten mit „bösartigen Mitteln“ (Gift - Gegengift) bekämpft. |
Zeitkategorie | 18. Jahrhundert |
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) | |
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) | Den Pulkauer „Hausberg“ - Letzing genannt - kann man ruhig als besonderen Gnaden-ort betrachten. Diesen Charakter unterstreichen nicht nur die vom Friedhof umgebene Michaelskirche und der Karner, sondern auch die im westlichen Teil des Friedhofs befindliche Kreuzigungsgruppe. Heute von Grabsteinen umgeben ist sie bis vor 1890/91 (in diesen Jahren wurde der Friedhof erweitert) außerhalb der Friedhofsmauer frei und weithin sichtbar gestanden. Pulkau hatte somit auch einen Kalvarienberg. Ob es auf diesem Berg auch einen Kreuzweg gab, kann heute nicht mehr festgestellt werden. Aufgestellt wurden die drei Kreuze laut der ältesten eingemeißelten Zahl im Jahre 1701 (Zu dieser Zahl wurden auch die Initialen A. G. hinzugefügt). Doch man kann annehmen, dass sie bereits vor 1700 (laut Chronik von Pfarrer Reich um 1650) da gestanden sind, denn die vielen, auf der Herrgottssäule befindlichen Jahreszahlen (1708, 1720, 1721, 1724, 1737, 1738, 1739, 1745, 1862), sind wesentlich deutlicher und größer ausgeführt als die älteste. Diese ist nämlich sehr klein und nur am Rande der hinteren Säulenfläche angebracht. Diese Jahreszahlen bestärken die Annahme, dass der Kalvarienberg von Pulkau - der älteste im Retzerland - ein viel besuchter Gnadenort war. Weitere Kalvarienberge in näherer Umgebung und ihr Errichtungsjahr: Eggenburg (1670), Retz (1727), Schrattenthal (1730). |
Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen | Wikipedia; Liste_der_denkmalgeschützten_Objekte_in_Pulkau https://tools.wmflabs.org/denkmalliste/index.php?action=EinzelID&ID=20232 Puschnik Alois, Gottes Steine - Pulkauer Kleindenkmäler S.24ff, Groß-Reipersdorf 2004 |
Datum der Erfassung | 2015-11-22 |
Datum der letzten Bearbeitung | 2016-04-09 |
letzter Bearbeiter | Norbert Redl |