Ludl-(Krottendorfer-) Marterl
Gemeinde: Pulkau
Zeitkategorie: 18. Jahrhundert
Chronik:
Beschreibung:
Aus Richtung Pulkau kommend steht knapp vor dem Ortseingang das Jesu-Maria-Marterl. Es handelt sich um einen Breitpfeiler mit vier Nischen und einem sattelartigen mit Ziegeln gedeckten Dach, auf dem sich ein eisernes Doppelkreuz (Lothringer- oder Patriarchenkreuz), welches wie beim Zellermarterl als Wetterkreuz bezeichnet wird, befindet. Da Breitpfeiler in der Regierungszeit Maria Theresias und ihres lothringischen Gemahls Kaiser Franz I. errichtet wurden, kann auch angenommen werden, dass diesen beiden zuliebe das Doppelkreuz (= Lothringisches Kreuz) zur Anwendung kam.
Die vier Nischen, von denen sich zwei auf der Vorderseite und je eine auf der linken und der rechten Außenseite befinden, beherbergen fünf Bilder. In der oberen großen Nische befindet sich fast ganzjährig (die Fastenzeit ausgenommen) ein Bild Mariens mit dem Jesuskind auf dem Schoß liegend und eine Lilie in der Hand haltend. Die Lilie gilt als Zeichen der vollkommenen Liebe, die in der Vereinigung von Gott und Mensch besteht. Das Marienbild ist eine unvollständige Kopie der vom italienischen Maler Gozzoli Benozzo (1420-1497) geschaffenen Fresko-Madonna aus dem Jahre 1450 in San Fortunato bei Monfalcone. Ein Bild von diesem Fresko befindet sich auch im Wiener Kunsthistorischen Museum. Auf diesem werden Maria und das Jesuskind vom hl. Franziskus, von Bernhard von Siena und von Donar kniend angebetet. Auf dem Original hat der Künstler den Hintergrund mit sprießenden Rosenranken versehen, und das Jesuskind hält eine Ranke, die Marias Hände umschlingt, in der Hand.
Man fragt sich, wie Groß-Reipersdorf zu diesem Bild kommt. Es gab einen Maler namens Robert Guttmann, ein Wiener, der in Roggendorf im Haus Nr. 67 wohnte. Er malte dort ein Christusbild, das heute in der Pfarrkanzlei hängt. Derselbe Maler wurde im Jahre 1944 von der Familie Josef und Maria Ludl dazu bewogen, das oben erwähnte Marienbild zu malen. Wie schon erwähnt, kopierte Guttmann Gozzolas Bild, wobei er die Rosenranken im Hintergrund weggelassen und statt dessen dem Jesuskind eine Lilie in die Hand gemalt hat. Das Bild wurde vom akademischen Maler Dr. Herbert Puschnik im Jahre 1981 restauriert und 1996 neu gemalt. Gleichzeitig wurde von der Familie Krottendorfer, den Nachfolgern der Familie Ludl, der Breitpfeiler neu hergerichtet. Anlässlich dieser Arbeiten wurde die ursprüngliche Bemalung der Nische entdeckt. Die Seitenwände konnten nicht mehr restauriert werden, das Bild auf der rückwärtigen Wand wurde jedoch von Herbert und Christoph Puschnik vollständig wiederhergestellt. Das Bild stellt Jesus das Kreuz tragend und nach einer Lilie greifend, die am Wegrand aus der Erde sprießt, dar. Will uns der Künstler etwa sagen, dass man sich auch oder gerade in den schwersten Stunden des Lebens der Natur zuwenden sollte? Jedenfalls stellt Robert Guttmann mit der Lilie in Jesu Hand eine Verbindung zum Fresko in der Pfeilernische her.
Details
Gemeindename | Pulkau |
Gemeindekennzahl | 31035 |
Ortsübliche Bezeichnung | Ludl-(Krottendorfer-) Marterl |
Objektkategorie | 1532 ( Religiöse Kleindenkmäler | Bildstöcke | Breitpfeiler) |
Katastralgemeinde | Großreipersdorf -- GEM Pulkau |
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer | |
Ortschafts- bzw. Ortsteil | 3741 Groß-Reipersdorf |
Straße und Hausnummer bzw. Flurname | Groß-Reipersdorf 85 |
Längengrad | 15.852577 |
Breitengrad | 48.700112 |
denkmalgeschützt | geschuetzt |
Höhe (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Breite (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Tiefe (m) | |
gemessen od. geschätzt | -- |
Zustandsklassifizierung | gut |
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös: empfohlene Maßnahmen |
Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) | Aus Richtung Pulkau kommend steht knapp vor dem Ortseingang das Jesu-Maria-Marterl. Es handelt sich um einen Breitpfeiler mit vier Nischen und einem sattelartigen mit Ziegeln gedeckten Dach, auf dem sich ein eisernes Doppelkreuz (Lothringer- oder Patriarchenkreuz), welches wie beim Zellermarterl als Wetterkreuz bezeichnet wird, befindet. Da Breitpfeiler in der Regierungszeit Maria Theresias und ihres lothringischen Gemahls Kaiser Franz I. errichtet wurden, kann auch angenommen werden, dass diesen beiden zuliebe das Doppelkreuz (= Lothringisches Kreuz) zur Anwendung kam. Die vier Nischen, von denen sich zwei auf der Vorderseite und je eine auf der linken und der rechten Außenseite befinden, beherbergen fünf Bilder. In der oberen großen Nische befindet sich fast ganzjährig (die Fastenzeit ausgenommen) ein Bild Mariens mit dem Jesuskind auf dem Schoß liegend und eine Lilie in der Hand haltend. Die Lilie gilt als Zeichen der vollkommenen Liebe, die in der Vereinigung von Gott und Mensch besteht. Das Marienbild ist eine unvollständige Kopie der vom italienischen Maler Gozzoli Benozzo (1420-1497) geschaffenen Fresko-Madonna aus dem Jahre 1450 in San Fortunato bei Monfalcone. Ein Bild von diesem Fresko befindet sich auch im Wiener Kunsthistorischen Museum. Auf diesem werden Maria und das Jesuskind vom hl. Franziskus, von Bernhard von Siena und von Donar kniend angebetet. Auf dem Original hat der Künstler den Hintergrund mit sprießenden Rosenranken versehen, und das Jesuskind hält eine Ranke, die Marias Hände umschlingt, in der Hand. Man fragt sich, wie Groß-Reipersdorf zu diesem Bild kommt. Es gab einen Maler namens Robert Guttmann, ein Wiener, der in Roggendorf im Haus Nr. 67 wohnte. Er malte dort ein Christusbild, das heute in der Pfarrkanzlei hängt. Derselbe Maler wurde im Jahre 1944 von der Familie Josef und Maria Ludl dazu bewogen, das oben erwähnte Marienbild zu malen. Wie schon erwähnt, kopierte Guttmann Gozzolas Bild, wobei er die Rosenranken im Hintergrund weggelassen und statt dessen dem Jesuskind eine Lilie in die Hand gemalt hat. Das Bild wurde vom akademischen Maler Dr. Herbert Puschnik im Jahre 1981 restauriert und 1996 neu gemalt. Gleichzeitig wurde von der Familie Krottendorfer, den Nachfolgern der Familie Ludl, der Breitpfeiler neu hergerichtet. Anlässlich dieser Arbeiten wurde die ursprüngliche Bemalung der Nische entdeckt. Die Seitenwände konnten nicht mehr restauriert werden, das Bild auf der rückwärtigen Wand wurde jedoch von Herbert und Christoph Puschnik vollständig wiederhergestellt. Das Bild stellt Jesus das Kreuz tragend und nach einer Lilie greifend, die am Wegrand aus der Erde sprießt, dar. Will uns der Künstler etwa sagen, dass man sich auch oder gerade in den schwersten Stunden des Lebens der Natur zuwenden sollte? Jedenfalls stellt Robert Guttmann mit der Lilie in Jesu Hand eine Verbindung zum Fresko in der Pfeilernische her. |
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details | In der unteren Nische war ein Bild von einem Heiligen in Mönchsgewand und mit einem Hirtenstab in der Hand zu sehen. Mit dem Rücken zum Beschauer gewandt, ist er von Rindern und Pferden umgeben. Sein Blick ist in die Ferne auf den Horizont, der durch einen Drahtverhau und durch Wachtürme gekennzeichnet ist, gerichtet. Der Mann im Mönchsgewand ist der hl. Leonhard, der Schutzpatron der Landwirte und diesen dienenden Pferde und Rinder. Andere Berufsgruppen wie Schmiede, Rauchfangkehrer, Schlosser, Bergleute und Fuhrleute baten ebenfalls um seinen Schutz und Beistand. Meistens wird er mit einer Kette dargestellt, denn er war auch der Patron der Gefangenen. Er nahm sich zu Lebzeiten besonders der Gefangenen an, die oft unschuldig in Gefängnissen darbten. Vielen von ihnen verschaffte er die Freiheit durch dem König von Frankreich persönlich vorgetragene Bitten. Die Einsiedelei in Nobiliacum bei Limoges in Frankreich, wo er im 6. Jh. lebte, war Ziel vieler Verzweifelter und Ratsuchender. Schon zu Lebzeiten als Heiliger angesehen verstarb er am 6. Nov. 559. Nach seinem Tod wurde über der Einsiedelei das Kloster St. Leonard de Noblat errichtet. Später verbreitete sich seine Verehrung bis nach Bayern und erreichte in der Folge auch unsere Gebiete. Leonhardi-Umritte und Orte mit seinem Namen sind uns bekannt, seiner gedacht wird am 6. November. In Groß-Reipersdorf trägt der Heilige statt der Kette den Hirtenstab. Dafür sind auf diesem Bild am Horizont Drahtverhau und Wachtürme, die bis 1989 an der nahen Grenze existierten, zu sehen. Weiters zeigt eine Szene vor dem Drahtverhau, wie ein Mensch von Wachsoldaten abgeführt wird. In diese Richtung blickt der hl. Leonhard. Heute - nach Entfernung des Eisernen Vorhanges - befindet sich dieses Bild nicht mehr in der Nische, sondern wird im Haus daneben verwahrt. Das Bild wurde 1981, als die Grenze noch mit Stacheldraht markiert war, anlässlich der Renovierung so gemalt. Vorher fehlte diese Grenzszene. Unwillkürlich fragt man sich, ob nicht auch der hl. Leonhard an der Beseitigung dieser Todeszone mitgeholfen und somit zur „Befreiung“ der dahinter wohnenden Völker beigetragen hat. Die Frage scheint gar nicht so ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass die knapp hinter der Grenze liegende uralte Kirche von Gnadlersdorf (Hnanice) dem hl. Leonhard geweiht ist. 44 Jahre trennte uns der Stacheldraht von den Nachbarn, und der Todeszaun stand trennend zwischen den dem hl. Leonhard geweihten Stätten. Noch zwei Bilder schmücken dieses einmalig symbolhafte Marterl. In einer abgeflachten Nische an der Außenseite der linken Wand sieht man das Bild des hl. Sebastian. Er ist - nur mit einem Lendenschurz bekleidet - an einen Baum gebunden, in seinem Körper stecken einige Pfeile. Der hl. Sebastian stammte aus Narbonne (Frankreich), einer ehemaligen Provinz Roms. Mit seinen adeligen Eltern zog er nach Rom, wo er in der Leibgarde des Kaisers Diokletian diente. Er wurde sogar Befehlshaber (Oberst) der ersten Kohorte der Garde. Als Christ setzte er sich zum Ziel, seinen Glauben unter dem Militär zu verbreiten. Im Jahre 304, als Kaiser Diokletian - absolutistisch regierend und sich auch göttlich fühlend - die Christenverfolgung anordnete, musste er als Märtyrer sterben. Er galt als Helfer gegen die Pest, die plötzlich und lautlos, wie ein Pfeil aus dem Hinterhalt, die Menschen befiel. Weiters ist er Patron der Schützen bzw. der Soldaten allgemein. In der Flachnische auf der Außenseite der rechten Wand befindet sich das Bild des hl. Florian, des Patrons in Feuersnot. Eine nähere Beschreibung dieses Heiligen erfolgt bei der Erklärung der Bilder auf dem Gemeinde- bzw. Feuerwehrhaus. |
Zeitkategorie | 18. Jahrhundert |
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) | |
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) |
Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen | Puschnik Alois, Gottes Steine - Pulkauer Kleindenkmäler S.75, Groß-Reipersdorf 2004 |
Datum der Erfassung | 2016-02-29 |
Datum der letzten Bearbeitung | 2016-02-29 |
letzter Bearbeiter | Norbert Redl |